Das WIE dieser Partizipation ist alles andere als ausgereift, wie einige Beispiele zeigen.
Beispiel Volksbefragung zur Flughafenerweiterung am 12. Juni: der Flughafenbetreiber ABD bietet landauf landab „Informationsveranstaltungen“, die auch auf RAI Südtirol so bezeichnet werden. Doch ist der ABD pars in causa, hochsubventioniert, und bringt diese Abende als Teil seines Abstimmungskampfes. Seriöser wäre ein überparteilich redigiertes amtliches Informationsheft, das – wie in der Schweiz – allen Haushalten zugestellt wird. In Südtirol noch nicht vorgesehen, genauso wenig eine Deckelung der Ausgaben der jeweiligen Kontrahenten einer Volksabstimmung. So wird die finanzielle Übermacht der Flughafenbefürworter, subventioniert vom Land, ausgespielt.
Beispiel Befragung zum Benko-Kaufhaus Ende März: Kommissar Penta meinte, eine Art Plebiszit zu diesem Großprojekt übers Knie brechen zu müssen, statt die gesamte Frage dem nächsten demokratisch legitimierten Gemeinderat zu überlassen. So wird eine Bürgerbefragung abgehalten, die demokratisch nicht korrekt läuft. So hält die Gemeinde „Informationsveranstaltungen“ ab, bei der nur Befürworter-Technokraten auftreten. Man will das Ergebnis dieser reinen Befragung als bindend betrachten, sofern eine Mehrheit JA zum Projekt sagt. Penta lässt alle Pendler mitstimmen, die im Unterschied zur Bozner Bevölkerung nicht Hauptleidtragende des Projekts sind. Obendrein kann sich jeder für die Abstimmung registrieren lassen, ohne Nachweis, dass er wirklich Pendler ist. So kann Benko mit seinem Werbeetat Fans aus allen Landesteilen mobilisieren.
Beispiel italienweite Volksabstimmung vom 17. April 2016 zu neuen Ölbohrungen in der Adria, ein außerordentlich wichtiges Thema des Umweltschutzes. Wieder wird vorgeführt, wie rückständig direkte Demokratie in Italien geregelt ist. Die öffentliche Hand sieht nicht den geringsten Anlass, die Wahlberechtigen über diese Sachfrage zu informieren. Vergeblich sucht man in den Regierungswebseiten nach irgendeiner Aufklärung. Die Referendumsfrage selbst – ein halber Satz eines Gesetzes soll abgeschafft werden – ist wie üblich ein Rätsel. Auf vorsintflutlichen Anschlagtafeln wird dieser Wortlaut dann einige Wochen vor der Abstimmung plakatiert. Unerbittlich fällt dann aber am 17.4. das Fallbeil des Quorums von 50%, das auch diese Regierung noch nicht angetastet hat. Gerade wegen der fehlenden Information fällt die Beteiligung schwächer aus, zumal die Frage nicht die ganze Bevölkerung gleichermaßen betrifft. Typischer Fall, wie man von Staats wegen direkte Demokratie aushebeln kann. Die Zusammenlegung dieses Referendums mit dem auch schon anberaumten Verfassungsreferendum im Herbst hätte zu dem einen doppelten Vorteil gehabt: mehr Beteiligung und halbe Kosten für den Staat.
Beispiel neues Landesgesetz zur direkten Demokratie, das gerade im Landtag ausgebrütet wird. Eine sehr löbliche Möglichkeit der Partizipation ermöglicht es, interessierten Vereinen dort mitzuwirken. Neben neuen Regeln für die Volksabstimmungen auf Landesebene soll in diesem Gesetz auch der Einstieg in die Regelung deliberativer Verfahren der Partizipation erfolgen. Vorgesehen ist allerdings bis jetzt nur der sog. Bürgerrat, eine der schwächsten Formen von Bürgerbeteiligung, der vor allem auf kommunaler Ebene Sinn macht. Es gäbe eine Reihe anspruchsvoller Verfahren, die in ein solches Gesetz gehören. Dafür liegt der Ball jetzt beim Landtag.
„Schalt dich ein!“: so bewirbt derzeit der Autonomiekonvent die Partizipation an der Reform des Statuts. Auch die Regierungsparteien könnten sich etwas mehr einschalten, zur besseren Regelung der Beteiligungsverfahren beispielsweise.
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