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Klimaschutz

Italien braucht ein Klimagesetz

Auf der Agenda der Regierung Meloni fällt der Klimaschutz unter „ferner liefen“, obwohl das Land mehr als andere von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen ist.
Community-Beitrag von Thomas Benedikter02.10.2023
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Zwar gibt es den Entwurf des Energie- und Klimaplans PNIEC, den Plan für den Ökologischen Übergang PTE und den Klimafolgen-Anpassungsplan PNACC. Doch damit ist der Klimaschutz noch nicht gesetzlich festgeschrieben, kann Italien vom EU-Reduktionsziel (-55% CO2-Ausstoß bis 2030) noch stark abweichen, kann es fossile Energie subventionieren und klimapolitisch völlig kontraproduktive Betonmonster bauen wie die Brücke über die Meerenge von Messina. Italien muss auch die Regionen und Gemeinden beim Klimaschutz in die Pflicht nehmen. Beim Umweltschutz regiert Rom den Regionen kräftig drein – auch im autonomen Südtirol – beim Klimaschutz hingegen lässt Rom den Regionen immer noch freie Hand. Die meisten EU-Länder haben hingegen nationale Klimaschutzgesetze: hier einige Beispiele.

Spanien hat das Ziel der Klimaneutralität mit Gesetz Nr.7 vom Mai 2021 festgeschrieben. Bis 2030 sollen 42% des Gesamtenergieverbrauchs sowie 74% der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie stammen. Der Stromverbrauch soll um 39,5% gesenkt werden. Viel Gewicht legt Madrid auf Klimagerechtigkeit, im Sinn einer sozial abgefederten Umstrukturierung des Arbeitsmarkts und der Umrüstung der Industrie auf erneuerbare Energie.

Das Vereinigte Königreich war eines der ersten Länder, das 2018 per Gesetz den Klimaschutz geregelt hat (Climate Change Act 2008, n. 27). Das VK hat dank seiner Energiewende schon 2019 gegenüber 1990 43% seiner CO2-Emissionen abgebaut, bis 2035 sollen -78% geschafft sein. Doch hat Premier Sunak gerade eben eine Aufweichung der Klimaschutzziele angekündigt. Interessant auch die Institution des Climate Change Committee: als unabhängige Behörde überwacht das CCC alle Fortschritte und Maßnahmen der Regierung beim Klimaschutz.

Frankreich hat sich per Gesetz (Loi Climat et Résilience vom 22.8.2021) zur Reduktion von -40% bis 2030 verpflichtet, muss diese Ziele allerdings an die neuen EU-Vorgaben (Fit for 55) anpassen, genauso wie Italien. Interessant die Pflicht für Haus- und Wohnungsbesitzer, ihre Immobilien auf Energieklasse F und G hochzusanieren, um sie vermieten zu dürfen. Stark klimaschädliche Fahrzeuge werden schon ab 2030 in Frankreich verboten.

Deutschland hat seit Juni 2023 ein neues Klimaschutzgesetz, nachdem das Vorgängergesetz vom Verfassungsgerichtshof aufgrund einer Klage von Klimaschützerinnen kassiert worden war. Jetzt gilt die Pflicht, bis 2030 für die Reduktion der CO2-Emissionen um -65% gegenüber 1990 zu sorgen, damit Klimaneutralität 2045 erreicht werden kann. In Deutschland gelten auch sektorbezogene Reduktionsziele für die einzelnen Ministerien, die von der Regierung Scholz derzeit aufgeweicht werden. Bis 2030 sollen, so das Gesetz, in Deutschland 15 Millionen E-PKW zugelassen werden.

Gemäß seinem Klimaschutzgesetz will Österreich seine CO2-Emissionen bis 2030 um 36% gegenüber 2005 reduzieren und bis spätestens 2040 klimaneutral sein. Dazu ist die Dekarbonisierung in allen Bereichen gefragt: im Verkehr, Industrie, private Haushalte, Landwirtschaft, Strom- und Wärmeerzeugung. Dementsprechend regelt das Klimaschutzgesetz Emissionshöchstmengen für 6 Sektoren. Um die Einhaltung der höchstzulässigen Treibhausgasemissionen zwischen Bund und Ländern zu koordinieren, sind gesetzliche Regelungen getroffen worden.

Italiens Parlament hat nun ebenfalls seine Hausaufgaben zu machen. Was gehört in ein Klimaschutzgesetz? Vor allem müssen die Vorgaben der UN (Klimaabkommen von Paris 2015 und EU-Klimagesetz sprich EU-Verordnung 2021/1119 vom 30.6.2021) als Ziel festgeschrieben werden: -55% CO2-Ausstoß bis 2030 gegenüber 1990 und Klimaneutralität bis 2050. Auch das Monitoring der jährlichen Fortschritte bei der CO2-Reduktion gehört ins Gesetz. Zwingend sind zwei weitere Maßnahmen: eine Exit-Strategie aus der Subventionierung fossiler Energie (z.B. Staatsbeiträge an Fluggesellschaften und Frächter) und der rasche Ausstieg aus der Verstromung fossiler Energie. Weiters muss Italien mittelfristige, aber rechtlich bindende Rahmenbedingungen für die Schwerindustrie setzen, vor allem im Bereich Stahl, Chemie und Zementherstellung, und schließlich auch die Landwirtschaft (Massentierhaltung) in die Pflicht nehmen. Klimapolitisch enorm wichtig ein Stopp der Bodenversiegelung, die „Heizungswende“, die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die der Bahn. Gesetzlich geregelt gehören auch klare Aufgaben, Pflichten und Fristen im Klimaschutz für die Regionen, die ihre Nachhaltigkeitspläne – wie auch Südtirol – bisher nur freiwillig erstellt haben.

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Kommentare

Bild des Benutzers Hanspeter Staffler
Hanspeter Staffler 02.10.2023, 23:03

Es ist in der Tat so, dass Klimapläne zahnlose Tiger sind, im besten Fall ambitioniert aber eben unverbindlich. Ohne Klimagesetz - wie von Thomas Benedikter vorgeschlagen - wird es nicht gehen, ein Gesetz schafft Verbindlichkeiten und sollte tatenlose Landesregierungen zur Rechenschaft ziehen. Teuer wird die Klimakrise so oder so, noch können wir durch rasche Senkung der CO2-Emissionen die Folgekosten abmildern. Wenn Südtirol und die Welt so weitermachen, werden uns Erderhitzung und massive Folgekosten mit voller Wucht treffen. Daher desto früher es ein Klimagesetz gibt, desto besser ist es.

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