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Klimaschutz Südtirol

Weniger Rinder, weniger Treibhausgas

Die Zahl der auf Südtirols Höfen gehaltenen Rinder sinkt. Füs Klima eine gute Nachricht, denn Kühe produzieren jede Menge Treibhausgase, vor allem das aggressive Methan.
Community-Beitrag von Thomas Benedikter14.02.2023
Bild des Benutzers Thomas Benedikter

Die Zahl der in Südtirol gehaltenen Rinder ist 2022 von rund 124.500 auf 118.419 gesunken. Im Vergleich zum Vorjahr gab es Anfang 2023 auch 2000 Schafe und 2000 Ziegen weniger (DOLOMITEN, 1.2.23). Das hängt auch damit zusammen, dass in Südtirol viele Nebenerwerbs-Milchbauern nur 5 oder weniger Kühe halten, was immer unrentabler geworden ist. Fürs Klima ist das eine gute Nachricht, denn im Bereich Landwirtschaft sind die Kühe die Hauptverursacher von Treibhausgas, vor allem des sehr klimaschädlichen Methans. Einer der Hauptgründe für den leichten Abbau des Rinderbestandes sind die steigenden Kosten bei Energie, Futtermittel und Dünger. Die Mehrkosten könnten nicht voll auf die Verbraucher abgewälzt werden, so SBB-Obmann Tiefenthaler (DOLOMITEN, 1.2.2023), und müssten von den Betrieben getragen werden. So habe sich der Stickstoffdünger um über 60% verteuert, weil für die Produktion viel fossile Energie benötigt wird. Die Grünlanddüngung wirkt sich über die Emission von Lachgas (Distickmonoxid) und die Immission von Nitraten direkt auf Umwelt, Wasser und Klima aus. Weniger Überdüngung ist wiederum eine gute Nachricht fürs Klima.

Die gesamte Kostensteigerung in der Landwirtschaft – laut Coldiretti 2022 bei 23% - stellt einerseits die bäuerlichen Betriebe vor enorme Probleme, andererseits ist sie ein unvermeidlicher Schritt zur Kostenwahrheit in diesem Bereich. Wenn der Verbrauch fossiler Energie und die Emission von klimaschädlichen Gasen (CO2, Methan, Lachgas) verringert werden sollen, um das Klima zu entlasten, müssen sich die Kosten der Milch- und Fleischproduktion den realen Kosten annähern. Mehr Kostenwahrheit führt zur relativen Verteuerung emissionsintensiver Produkte und zur Verbilligung von Produkten, die mit weniger Energieaufwand und importierten Vorleistungen hergestellt werden. Wenn die viel zu hohen Futtermittelzukäufe nicht abnehmen, werden weiterhin in Europa und vor allem im Globalen Süden riesige Flächen durch Futtermittelanbau der Produktion von Nahrungsmitteln für Menschen entzogen, werden riesige Flächen entwaldet und schaden damit doppelt dem Klima.

Konsequenter Klimaschutz, wie ihn auch die EU mit dem Green Deal zu propagieren vorgibt, kann nur mit Kostenwahrheit und ehrlichen Öko- und Klimabilanzen der einzelnen Kulturarten funktionieren. Im Klartext: wenn das gesamte Ernährungssystem klimaverträglicher werden soll, müssen sich Fleisch, Fisch, Milch, Milchprodukte verteuern, pflanzliche Produkte verbilligen. Dann werde die Schmerzgrenze bei den Verbrauchern bald erreicht sein, meint die Direktorin des Sennereiverbands Anni Kaser (DOLOMITEN 1.2.23). Muss sie, lautet die Antwort, damit die Verbraucherinnen auf andere Produkte vor allem pflanzlicher Art umsteigen und damit nicht nur dem Klima, sondern auch ihrer Gesundheit und Brieftasche etwas Gutes tun. Schon heute werden die Marktpreise der Lebensmittel durch die staatliche Subventionierung massiv verzerrt. 2018 flossen vom Land Südtirol 223,6 Mio Euro nur an die Landwirtschaft, vor allem an die Tierhalter. Allein die EU wird bis 2027 hunderte Millionen Euro vor allem an die Südtiroler Berglandwirtschaft zahlen. Diese öffentliche Unterstützung ist aus sozialen Gründen durchaus gerechtfertigt. Die Notwendigkeit der Erhaltung der Bergbauernhöfe, der Pflege der Kulturlandschaft, der Sicherung der ökologischen Funktion der Almen und der Erhaltung der kulturellen Identität Südtirols seien überhaupt nicht bestritten. Subventionen sind auch deshalb angesagt, weil die Wettbewerbsfähigkeit der Bergbauern mit ihren schwierigen Produktionsbedingungen gegenüber den Flachlandbetrieben erhalten bleiben muss.

Andererseits ist das Ausmaß der heutigen Milch- und Fleischproduktion, der Tierhaltung insgesamt mit konsequentem Klimaschutz nicht vereinbar, was die EU durchaus erkannt hat und auch der Klimaplan Südtirol 2040 anstrebt: „Ziel ist es, die N2O-Emissionen bis 2030 zu halbieren, die Methanemissionen bis 2030 um 30% zu reduzieren und die Energie am Hof zu 80% aus erneuerbarer Energie zu bestreiten. (…). Bis 2037 sollen die N2O-Emissionen auf 30 % des Wertes von 2019 sinken“ (S.34). Wenn die Steuerzahler diese Form von kleinbäuerlicher Berglandwirtschaft aus übergeordneten Gründen erhalten sollen, warum mit klimaschädlicher Produktion, nämlich der nicht grundfutterbasierten Tierhaltung? Das Klimaargument mag abstrakt sein (so abstrakt auch nicht, weil der Schnee wegbleibt und die Durchschnittstemperatur im Alpenraum schon um 2° gestiegen ist), aber auch die Bauern werden verstehen müssen, dass sie ihren Teil zum Klimaschutz beitragen müssen. Übrigens: dass das Land den Zuerwerb in Form von Urlaub auf dem Bauernhof jetzt an die Rinderhaltung knüpft, ist klimapolitisch falsch. Warum soll unrentable und klimaschädliche Milchviehhaltung aufrechterhalten werden, damit Bauern und Bäuerinnen das Recht erhalten, Gäste zu beherbergen? Warum sollte „echte“ Berglandwirtschaft nur auf Viehzucht begrenzt werden?

Eine nachhaltige Agrarpolitik muss überall überzogenen Viehbestand auf ein klimaverträgliches Maß reduzieren, aber den bäuerlichen Familien eine Ausgleich für die Einkommensverluste gewährleisten, entweder über den Preis oder über Direktbeiträge. Doch macht die direkte Subventionierung von Treibhausgasemissionen aus sozialen Gründen keinen Sinn. Da wäre es weit zielführender, den Bergbauern mehr Geld für weniger Rinder zu geben.

Zu diesen und verwandten Themen beginnt nächste Woche (20.2.2023, 17:30-19:30 Uhr) eine neue Veranstaltungsreihe in Bozen unter dem Leitmotiv "Klimaschutz konkret": hier das Gesamtprogramm.

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Kommentare

Bild des Benutzers Sepp Bacher
Sepp Bacher 14.02.2023, 10:36

Ich glaube, dass die Umstellung in der Berglandwirtschaft deshalb so schwierig ist, weil viele Bauern schon alt und nicht mehr flexibel sind. Nicht wenige bessern sich ihr Einkommen mit saisonalen oder ganzjährig bezahlten Nebentätigkeiten auf.
"meint die Obfrau des Sennereiverbands Anni Kaser" - Diese Info ist falsch. Frau Kaser ist Geschäftführerin bzw. Direktorin des Sennereiverbandes, dessen Obmann heißt Georg Egger.
"Die Mehrkosten könnten nicht voll auf die Verbraucher abgewälzt werden," Ich beobachte, dass zum Beispiel 1/4 kg Butter um einen ganzen Euro teurer geworden ist.
"So habe sich der Stickstoffdünger um über 60% verteuert," Soweit ich weiß, düngen Bergbauern mit Mist, Jauche und Gülle. die beiden letzteren beinhalten ja viel Stickstoff.

Bild des Benutzers Thomas Benedikter
Thomas Benedikter 14.02.2023, 22:04

Vielen Dank für die Korrektur, Sepp, schon eingefügt.

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Josef Fulterer 15.02.2023, 08:10

Von den 223,6 Mio. € die an die Landwirtschaft gehen, werden auch die Viehzucht-Genossenschaften reichlich alimentiert, die höchste Milchleistungen (... nur mit dem Mischwagen "mit viel importierten Kraftfutter" und hoffentlich "nicht importierten Grundfutter" vermischt) auf ihrer Fahne haben.
Der "übelste Importierer" hält in Südtirol auf 4 ha 300 Milchkühe ...

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