Zum Boykott aufzurufen, wie es zuletzt Renzi beim italienischen Referendum vom 17. April getan hat, bringt nichts. Im Gegenteil: Gegner und Befürworter müssen alles mobilisieren, es gibt eine echte Auseinandersetzung, alle Medien befassen sich mit dem Thema, es gibt eine breite, offene Debatte, für manche schon eher zu viel des Guten. Doch das jetzt veröffentlichte Abstimmungsheft erfüllt die Erwartungen nicht.
Doch streng genommen gilt auch bei dieser Volksabstimmung, die laut Gesetz nur eine vom Landtag angesetzte Befragung (L.G. Nr.11/2005, Art. 16 Fakultative beratende Volksbefragung) das Quorum von 40%. LH Kompatscher hatte nur die Gnade, vorab anzukündigen, dass er das Ergebnis unabhängig vom Quorum anerkennen will. Im Übrigen hatte die SVP schon ihrem Landesgesetz vom Juni 2013 aufs Beteiligungsquorum ganz verzichtet. Warum also nicht definitiv diese demokratiefeindliche Regel ad acta legen? Warum spricht sich Kompatscher nicht generell für Volksabstimmungen ohne Quorum aus, nachdem diese Kampagne exemplarisch zeigt, wie kontraproduktiv ein Quorum ist?
Gelegenheit dafür hätte der Landeshauptmann und die ganze SVP noch vor der Sommerpause des Landtags bei der Verabschiedung des neuen Gesetzes zur direkten Demokratie. Dort steckt nämlich ein Quorum wieder drin, muss aber nicht sein. Nicht vorgesehen ist hingegen das bestätigende Referendum auf weitreichende Beschlüsse der Landesregierung von Landesinteresse. Wiederum kann der Flughafen als Beispiel dienen, denn typischerweise werden solche Großprojekte von der Landesregierung entschieden. Demnächst steht ein neues Projekt mit dem Neubau der Jenesiener Seilbahn an. 2009 mussten die Bürger zum Umweg der Volksinitiative greifen, um eine Volksabstimmung über die Subventionierung des Flughafens zu erwirken. 2016 ist es nur dem guten Willen der Landtagsmehrheit zu verdanken, dass diese Volksbefragung am 12. Juni abgehalten wird. Um direkte Demokratie in Gang zu setzen und zu halten, braucht es aber nur geregelte Rechte, die die Bürgerinnen selbst in Anspruch nehmen können. Vor allem das bestätigende Referendum, sowohl auf Landesgesetze wie auch Landesregierungsbeschlüsse. Sonst können bei unsinnigen Großprojekten die Bürger von sich aus kein Veto einlegen. Darauf kommt es aber an.
Auch das amtliche Informationsheft für alle Abstimmungsberechtigten ist von der Landesregierung versprochen worden, im Schweizer Stil, also kurzgefasste Darstellung der anstehenden Sachfrage, Pro und Contra laut Positionen der Befürworter und Gegner, sowie Erläuterungen zum Verfahren der Volksabstimmung. Jetzt ist das Heft online, doch ohne den sachbezogenen Teil, also ohne die Argumente für und gegen den Flughafen. Nur das zur Debatte stehende Landesgesetz wird in eher positivem Licht dargestellt. Das ist kein faires Abstimmungsheft, und genau deshalb gehört auch dieser nicht unwichtige Aspekt im Landesgesetz zur direkten Demokratie genau geregelt, auch für Volksbefragungen. Wenn schon ein Abstimmungsheft, dann ein echtes.
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