Dass es mit der EBI nicht mehr richtig läuft, hat spätestens der Widerstand gegen TTIP gezeigt. Fast 3,3 Millionen Unterschriften haben die Gegner des TTIP vorige Woche zusammengebracht. Nicht nur in 7 EU-Mitgliedsländern ist das von der EU-Regelung vorgesehenen Unterschriftsquoren erreicht worden, sondern in 23 Ländern. Doch viele, die unterschrieben haben, wussten vermutlich nicht: die Kampagne „Stopp TTIP“ ist keine offizielle EBI, die von der EU als solche zugelassen wurde, sondern eine freie Kampagne. Die EU-Kommission hat nämlich schon 2014, wie in zahlreichen Fällen, dieser Petition die Registrierung verweigert. Begründung: man können keine Volksinitiative zu einer laufenden Verhandlung starten, anders gesagt: die EU lässt es sich nicht verbieten über den Freihandel mit anderen Staaten zu verhandeln. Die TTIP-Gegner müssen somit zur Kenntnis nehmen, dass erst nach ausverhandeltem Abkommen eventuell ihr Druck aufs Parlament und Politik die Ratifizierung verhindern wird.
Die Nicht-Registrierung der EBI zum TTIP ist kein Einzelfall, sondern eher die Regel. Seit Aktivierung dieser Form von Massenpetition im April 2012 hat die Kommission 20 von 51 gestarteten Bürgerinitiativen abgelehnt, weitere 22 sind an der Hürde von einer Million Unterschriften gescheitert oder zurückgezogen worden. 4 EBIs werden derzeit geprüft, aber nur drei EBIs haben es bisher geschafft, von der Kommission überhaupt behandelt zu werden: eine gegen Tierversuche, eine gegen die Embryonenforschung, eine EBI für die Anerkennung des Menschenrechts auf Tierversuche). Hier die bisherige Bilanz.
Die EBI ist ein schwaches Instrument. Denn die Kommission kann solche Petitionen einfach nur mit einer kurzen Begründung ablehnen. Dies geschah auch bei diesen wenigen, die es bis zu diesem Punkt geschafft hatten. Der Berichterstatteter zur Reform der EBO, MEP Schöpflin, schlägt vor, dass die EU-Kommission künftig erfolgreiche Initiativen binnen eines Jahres mit einem Gesetzesvorschlag reagieren muss. Democracy International geht weiter und fordert eine ganze Reihe von Verbesserungen am Verfahren. Der Dachverband der Direktdemokratie-Vereinigungen will mehr Offenheit (z.B. eine genaue Begründungspflicht der EU-Kommission, wenn eine EBI für unzulässig erklärt wird; mehr Informationspflichten der EU), mehr Effizienz (das Quotensystem zur Unterschriftensammlung muss nutzerfreundlicher werden) und mehr Wirkung (Kostenerstattung an die Promotoren) und vor allem soll das EU-Parlament über jede erfolgreiche EBI im Plenum diskutieren und abstimmen müssen.
Dies alles wird aber nicht reichen, denn auch mit solchen Verbesserungen bleibt die EBI eine bloße Petition. Das kann auch AVAAZ, das kann auch auf freien Kanälen geschehen. Was es dagegen braucht, ist die EVI, die Europäische Volksinitiative, die bei Ablehnung einer Bürgerinitiativvorlage durch die Kommission zwingend zu einer europäischen Volksabstimmung führt. Darauf habe ich in meinem Bucht „Più democrazia per l’Europa“ schon 2010 hingewiesen. Noch dringender wäre die EBR, das Europäische Bestätigende Referendum“, mit dem Millionen EU-Bürger das Inkrafttreten einer inakzeptablen EU-Norm wie z.B. des TTIP, durch eine Volksabstimmung verhindern können. Erst diese Weiterentwicklung der Verfahren schafft wirksame Bürgerbeteiligung auf europäischer Ebene. Sie würde auch mehr gemeinsames Bewusstsein schaffen, dass wir Europäer von solchen Normen gleichermaßen betroffen sind und in einem gemeinsamen demokratischen System leben und uns auf demokratischem Weg wehren können.
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