Das E-Auto spart Energie, aber nicht Rohstoffe
E-Autos sparen zwar Energie, weil sie einen weit höheren Wirkungsgrad aufweisen, nämlich bis zu 70%, während Benzinmotoren nur 20% der eingesetzten Energie verwerten. 80% der eingesetzten Energie geht vor allem in Form von Wärme in die Luft. Wenn die Autos im Stau stehen oder an der Ampel warten, noch mehr. Deshalb können Verbrenner-PKW – davon gibt es heute weltweit etwa 1,3 Milliarden – auch als „fahrbare Heizungen“ betrachtet werden. Ein E-Auto fährt hingegen mit der gleichen Energiemenge fünf Mal so weit wie ein gleich großer Verbrenner, und drei Mal so weit wie ein Auto mit Brennstoffzelle.
Da der Elektromotor energieeffizienter ist und Batterien immer günstiger und leistungsstärker werden, wird sich das E-Autos als die nächste Generation des motorisierten Individualverkehrs durchsetzen, doch um „rollenden Klimaschutz“ (Ulrike Herrmann) geht es beim E-Auto nicht. Um die Akkus für ein großes E-Auto herzustellen, fallen 15-20 Tonnen CO2 an. Ein sparsamer Verbrenner kommt erst nach 200.000 gefahrenen Kilometern auf diesen Wert. Die Ökobilanz der Elektroautos vor allem der großen E-Autos ist erstaunlich schlecht, vergleichbar mit jener der kleinen Benziner (vgl. FF Nr.9/2023). Die kleinen E-Autos benötigen auch mindestens 40.000 km, um eine echte CO2-Einsparung gegenüber einem gleichwertigen Benziner "einzufahren".
Woran liegt das? Motor und Antriebsart sind eines, der Rest des Fahrzeugs was anderes. Auch E-Autos wiegen zwischen einer und zwei Tonnen und befördern im Schnitt 1,3 Personen. Genauso brauchen E-Autos vier Reifen mit einem Abrieb von etwa 500 g pro Rad im Jahr, also zwei Kg pro Auto, der als Mikroplastik in die Umwelt dringt. Wenn der globale Gesamtverbrauch an Rohstoffen heruntergefahren werden soll (Materialwende) und der Gesamt-Energieverbrauchs pro Kopf weltweit nicht mehr steigen darf, geht sich die Vorstellung einer ähnlich großen, aber komplett elektrifizierten PKW-Flotte als "klimafreundliche Lösung" nicht aus. Ganz zu schweigen von einer PKW-Dichte, wie sie die Industrieländer schon erreicht haben.
Die Zahl der Autos muss insgesamt schrumpfen
Für die Energiewende reicht es nicht, die bestehende Flotte auf E-Antrieb umzurüsten. Die Zahl der Autos muss sinken, so viele Studien. Heute zirkulieren in Italien 38,5 Millionen PKWs, mit der Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 unvereinbar. In Südtirol lag der Bestand an Kraftfahrzeugen 2020 bei 602.728 Kfz, gleich 114 Fahrzeugen pro 100 Einwohner (vgl. ASTAT-Jahrbuch 2021, 45). Wir sind die am stärksten motorisierte Provinz Italiens.
Die Reduzierung des Fahrzeugbestands ginge schon durch die bessere Auslastung von Autos: sie stehen im Schnitt 23 Stunden am Tag ungenutzt herum. Das gilt auch für E-Autos, die somit auch ihre Akku-Speicherkapazität ungenutzt lassen. Auf den eigenen PKW oder auch schon nur aufs Zweitauto der Familien zu verzichten, wird für die Industrieländer eine Kulturrevolution bedeuten, denn „Automobilität ist schon ins Kleinhirn vorgedrungen“ (Norbert Lantschner). Nicht mal erahnen lassen sich die politischen Widerstände gegen die Senkung des Fahrzeugbestands von den aufs Auto angewiesenen Pendlern über die Beschäftigten in der Autoindustrie bis hin zu den hartgesottenen Autofetischisten aller Art.
Für Südtirol als Tourismusland ist auch der Rebound-Effekt bei den E-Autos nicht zu unterschätzen. Weil an die 90% der Gäste mit eigenem Fahrzeug anreisen und der Kfz-Bestand der nördlichen Herkunftsregionen rascher elektrifiziert wird, werden die Gäste in Zukunft für ihre Urlaubsreise sogar noch stärker aufs E-Fahrzeug setzen, weil kostengünstiger und umweltfreundlicher. Die in Südtirol zirkulierende Fahrzeugflotte könnte damit in Zukunft sogar noch wachsen.
E-Autos nur mit Ökostrom klimafreundlicher
Klimafreundlicher ist ein E-Auto gegenüber den Verbrenner-Autos zwar auch schon durch die höhere Energieeffizienz, aber der wesentliche Schritt ist die Quelle des getankten Stroms. Da sieht es in Italien noch gar nicht gut aus: nur 35% des Stroms stammt aus erneuerbaren Quellen. Nicht zufällig entspricht dies genau dem von der ALPERIA derzeit gelieferten Mix für die Primärenergie der Stromerzeuger. Somit tanken E-Autos auch in Südtirol im Schnitt zu zwei Dritteln fossil erzeugten Strom. In Italien ist die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien 2022 auf rund 100 TWh gesunken, der tiefste Wert seit 10 Jahren (Italy for Climate, 10 keytrends sul clima in Italia), und zwar vor allem wegen des starken Rückgangs der Stromerzeugung aus Wasserkraft. Unter den größten EU-Mitgliedsländern hatte Italien 2022 den geringsten Zuwachs an Stromproduktion aus Wind und Fotovoltaik (nur +3 GW). Erforderlich zur Erreichung der gesetzten Klimaziele wären +10 GW (I4C). Italien muss aufholen.
Auch bei der Umrüstung der PKW gibt Italien keineswegs Gas. 2022 sind um 27% weniger E-Autos zugelassen worden als 2021 (nur 49.000 Fahrzeuge, während es in Deutschland immerhin 471.000 Fahrzeuge waren. Somit muss Italien doppelt nachrüsten: zum einen bei der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie, zum andern bei der Elektrifizierung des Verkehrs und der Gebäudeheizung. Wenn nicht Ökostromproduktion und Ladesäulennetz im Gleichschritt mit den E-Auto-Neuzulassungen wachsen, wird die Wende zur klimafreundlichen PKW-Mobilität viel zu langsam vorangehen.
Für Südtirol gilt dasselbe: nicht nur der Umstieg auf E-Autos (vor allem kleinere) wäre stärker zu fördern, sondern auch der Gesamtbestand an Fahrzeugen zu senken. Kleine erste Schritte in diese Richtung: die KfZ-Steuer könnte aus Klimaschutzgründen für Verbrenner-PKW stark angehoben (seit 17 Jahren unveränderte Sätze: sehr sozial, aber nicht ökologisch) und viel stärker nach Leistung, Verbrauch und Emissionswerten der Fahrzeuge gestaffelt werden. Die Landesumschreibungssteuer für Kfz liegt in Südtirol (mit dem Trentino und Aosta) am unteren Ende aller Provinzen Italiens. Sie könnte mindestens auf den gesamtstaatlichen Durchschnitt gehoben werden, um den klimaschädlichen Kfz-Zulassungstourismus in die Region einzuschränken.
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Das E-Auto wird durch den hoffentlich ansteigenden Anteil von Erneuerbaren am Strommix immer weniger klimaschädlich. Die CO2-Emissionen des Verbrenners hingegen bleiben immer gleich hoch.
Ich finde es sehr limitierend wenn man immer nur an den CO2 denkt. E-Autos haben zwei gewaltig grosse Vorteile: keine Abgase und kein Lärm! Beide haben immense Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Dies sollte man nie vergessen!
Der Unfug mit dem S t e u e r - f r e i e n R E I S E N in der L u f t + im P K W, muss in die Eisenbahn + Busse umgeleitet werden.
"Für die nicht vermeidbaren Fahrten auf der letzten Meile," reichen kleine E-Autos mit unter 100 km/h + mit mittlerer Reichweite.
Wie immer ein interessanter Beitrag.
Bei der beabsichtigten Besteuerung (von fossil betriebenen Pkw) nach Leistung (sogenannte "Normverbrauchsabgabe") sah sich die österreichische Regierung damals gleich mit der erpresserischen Drohung des BMW- Konzerns konfrontiert, sein Zulieferwerk in Ö. dichtzumachen und nahm davon Abstand.
Was B M W & C Os. derzeit auch im E-Fahrzeug-Bereich produzieren, ist der g r ö ß t e - F R E V E L an der Umwelt und befeuert die KLIMA - ERWÄRMUNG weiterhin. Die über-motorisieten 2 - 3 Tonnen schweren UNGEHEUER verstopfen den VERKEHR, stehen die meiste Zeit auf den "privilegierten Park-Flächen der Straßen in den Städten, an den sich die P... Verwalter die mehr als fraglichen Gebühren einsacken oder in den SÜND-teuren Garagen.
Der REISE-VERKEHR muss aus der L U F T herunter in die EISENBAHN + Busse. Die Fahrzeuge für für letzte Meile sind für unter 100 km/h zu motorisieren.
A L L E S was sich darüber auf den Straßen bewegen will, ist mit hohen progessieven Steuern für den Ankauf und den Betrieb zu belegen.