"Wir hatten zwei Wege vor uns", sagt Marco Brozzi, Präsident der Genossenschaft, "der eine, der einfachste, zumindest dem Anschein nach, bestand darin, sich den Tatsachen zu fügen, die Arbeitslosigkeit und die Hindernisse bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz in Kauf zu nehmen; der andere, der mühsamere und steilere Weg, bestand darin, das Unmögliche zu versuchen: auf uns selbst zu setzen, auf unsere Fähigkeiten und das Unternehmen zu übernehmen".
So schlossen sich die Arbeiter*innen in einer Genossenschaft zusammen, gründeten Ceramiche NOI, verzichteten auf Arbeitslosengeld und Abfindungen und investierten 180.000 Euro, um die von den alten Eigentümern verwendeten Maschinen zu kaufen und die Produktionshalle zu mieten. Die Entschlossenheit und Einigkeit der Arbeiter*innen zeigt sich auch in ihrem Slogan "Alle für einen, ein Traum für alle", den sie sich gleich zu Beginn ihres Abenteuers zusammen mit ihrem Firmenlogo auf die Haut als Tattoo stechen ließen.
"Mut und eine Vision für die Zukunft"
"Nichts wäre möglich gewesen", sagt Lorenzo Giornelli, Vertriebs- und Marketingleiter, "ohne die großartige Hilfe von Legacoop Umbria, Coopfond und Cooperazione Finanza Impresa. Sie haben uns in der Gründungsphase und bei der späteren Entwicklung der Genossenschaft begleitet". Die Wiederbelebung des Unternehmens gelang dank eines "Workers BuyOut" (WBO). So wurden die Arbeiter*innen zu Unternehmer*innen und gründeten eine Produktions- und Arbeitsgenossenschaft. "Ceramiche Noi hat Charakter, Mut und eine Vision für die Zukunft bewiesen", so Matteo Ragnacci, Präsident von Legacoop Produzione e Servizi Umbria. "Das ist es, was wir von unseren genossenschaftlichen Unternehmen verlangen: zu versuchen, in die Zukunft zu blicken und die besten Werkzeuge zu finden, um sie zu meistern. Wir wollen Arbeitsplätze, Kompetenzen und das sozioökonomische Gefüge der lokalen Gemeinschaften erhalten."
Wir haben eine Herausforderung gemeistert. Die Begeisterung war stärker als die Verzweiflung
In kurzer Zeit gelang es, alte Kunden zurückzugewinnen, 90 Prozent von ihnen in den USA, ohne die Produktion zu stoppen, indem man diese mit vollem Einsatz wieder aufnahm und sogar 14 Stunden pro Tag arbeitete. "Wir haben eine Herausforderung gemeistert", fährt Giornelli fort, "die Begeisterung war stärker als die Verzweiflung. Wir arbeiten härter und es gibt viele Probleme zu lösen, aber heute fühlen wir, dass diese Fabrik uns gehört, wir lieben sie, sie ist ein Teil von uns. Wir sind eine Familie von Arbeitnehmern und Unternehmern".
Inzwischen hat sich die Belegschaft von 11 auf 22 Mitglieder vergrößert (neun davon sind Frauen), was eine Verdoppelung der Belegschaft in vier Jahren bedeutet. Aber es gab viele Schwierigkeiten, denn nach dem Neustart kam die Covid-Pandemie. Die Genossenschaftler*innen erzählen: "Wir waren vorsichtig, um nicht krank zu werden. Als der Lockdown begann, mussten wir Lieferungen einhalten. Unser Glück war, dass unser Hauptkunde in den USA seinen Umsatz steigerte, weil er online tätig war, also machten wir weiter. Natürlich sind andere Kunden ausgefallen, aber wir haben durchgehalten und auch das überstanden".
"Made in Italy" wiederbeleben
Aktuell sind die hohen Kosten für Methangas ein Problem, denn die Öfen laufen 24 Stunden am Tag. "Wir stellen uns dieser Energiekrise", sagt der Vorstand der Genossenschaft, "und versuchen, die Handwerkskunst des Made in Italy wiederzubeleben. Wir haben uns gegen die Verlagerung nach Armenien durchgesetzt, wir haben die Covid-Pandemie überwunden, und jetzt überwinden wir auch diese Krise. Wir sparen an allem, was wir einsparen können, wir stehen morgens früh auf, um das Tageslicht optimal zu nutzen, und schalten die Gebläse so wenig wie möglich ein. Kleine Maßnahmen, die auf lange Sicht helfen. Wir haben die Öfen auf Flüssiggas umgestellt und kommen damit aus. Niemand hält uns mehr auf. Nichts erschreckt uns."
Unterstützt durch das Medienecho, das die Übernahme des Unternehmens auslöste, folgten zahlreiche Preise, zum Beispiel in Cannes, wo Ceramiche Noi als Symbol für Beharrlichkeit ausgezeichnet wurde. Dank des Präsidenten Marco Brozzi und des sehr aktiven und vielseitigen Geschäftsführers Lorenzo Giornelli gab es viele Ideen für die Wiederbelebung, unter anderem die Patentierung eines innovativen antibakteriellen Tellers.
"Wir sind glücklich", sagt Matteo Ragnacci von Legacoop, "dass ein Unternehmen, das von der Schließung bedroht war, es jetzt geschafft hat. Außer in den Vereinigten Staaten ist es dank der Hartnäckigkeit seiner Mitarbeiter*innen auch auf dem italienischen Luxusmarkt, in Israel und in Südkorea wieder aktiv geworden".
In der Zeitschrift Contraste erschien ein Artikel über einen erfolgreichen Fall eines Workers Buy-Out. Der Artikel erschien dank der Vermittlung von Coopbund Alto Adige Südtirol. CONTRASTE ist die einzige deutsche überregionale Monatszeitung für Selbstorganisation. Schon seit 1984 dient sie alternativen Bewegungen als Sprachrohr und offenes Diskussionsforum. Die meisten der Redakteur*innen und Autor*innen arbeiten ehrenamtlich, um die Folgen des neoliberalen globalen Kapitalismus öffentlich zu diskutieren und Alternativen aufzuzeigen.
Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die europäische und internationale Berichterstattung. Die Auswahl der Beiträge erfolgt unabhängig und undogmatisch.
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