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Olympia 2026

Olympia: Schnee von gestern?

Wie die allermeisten Olympischen Spiele bisher wird auch die Ausgabe Mailand-Cortina 2026 kostspieliger und umweltbelastender als angekündigt. Angekündigt war das anders.
Community-Beitrag von Thomas Benedikter23.02.2023
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Eigentlich hatte Italien den Zuschlag für diese Spiele 2019 deshalb erhalten, weil es „Spiele im Zeichen der Nachhaltigkeit“ sein sollten. Auch LH Kompatscher und der Südtiroler CONI-Chef Tabarelli hatten die Südtiroler Teilnahme daran mit „Nachhaltigkeit“ begründet: das Biathlon-Zentrum in Antholz sei schon olympiatauglich und über ÖPNV erreichbar, weshalb es keine zusätzlichen Anlagen brauche. Nach und nach stellte sich heraus, dass doch fast 40 Mio. Euro in die Erweiterung des Biathlonzentrums investiert werden müssen, dass mit sog. Olympiageldern flächenfressende Ausfahrten nach Olang und Antholz gebaut und Speicherbecken für die Schneekanonen in die Landschaft gegraben werden sollen. Wenn die Olympischen Spiele 2026 so nachhaltig werden wie angekündigt, warum braucht es eine 100 Mio Euro teure Bobbahn in Cortina? Warum einen unterirdischen Ausbau des Stadions in Antholz? Wie werden diese Anlagen später genutzt? Welche Instandhaltungskosten kommen auf die Gemeinde Rasen-Antholz zu? Welche Mobilitätsbelastung und Energieverbrauch entstehen beim Betrieb der Anlage? Ist jemals eine klare Kosten-Nutzen-Rechnung und Ökobilanz für diese Investitionen erfolgt? Wo bleibt das Recht der Bürgerschaft, Pläne einzusehen, bevor dutzende Millionen an Steuergeld verbaut werden?

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europa_im_winter_sentinel_satellitenaufnahme_2022.jpg, von CopernicusSentinelData2016

Weder das Land noch die betroffene Gemeinde haben darauf bisher schlüssige Antworten geliefert noch glänzen sie mit viel Transparenz. In zwei Veranstaltungen im Jänner und Februar 2023 in Oberrasen haben hunderte Bürger:innen mehr Information und Beteiligung gefordert. Unklarheit besteht nicht nur über die Art des Ausbaus der Zufahrten, sondern auch über die Dimension und Nachhaltigkeit des Biathlon-Stadions. Wie geht ein verstärkter Betrieb mit zahlreichen jährlichen Großevents zusammen mit der klaren Vorgabe des Klimaplans Südtirol 2040, die motorisierte Individualmobilität bis 2040 um 40% zu senken. Sie müsste also von heute im ganzen Land bis 2040 um 2,35% jährlich sinken nicht steigen.

Wenn Olympia Mailand-Cortina 2026 wirklich „nachhaltig“ ausgetragen werden soll – im Unterschied zu den Milliardengräbern aus Beton in China, Korea und Turin 2006 – müsste jede Investition streng auf Umwelt- und Klimaverträglichkeit geprüft werden. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: für die Bauvorhaben für Olympia Mailand-Cortina 2026 gilt ein abgekürztes Verfahren ohne Umweltverträglichkeitsprüfung, sind die Trägerkörperschaften Fondazione Milano Cortina 2026 und Infrastrutture Milano Cortina 2026 Spa mit besonderen Vollmachten ausgestattet worden.

So sieht es danach aus, dass gleich alle drei Ziele verfehlt werden, die die italienischen Bewerber dem IOC bei der Kandidatur 2019 zugesagt haben:

  • Olympische Spiel mit Null Zusatzkosten: bisher sind über 4 Mrd. Euro an öffentlichen Geldern verplant. Mit dem Haushaltsgesetz 2023 hat die Regierung soeben weitere 400 Mio. Euro für Olympia zweckgebunden.
  • Nachhaltige Spiele: die von Gesetz wegen verpflichtende VAS (valutazione ambientale strategica) und die UVP auf regionaler Ebene werden unterlaufen. Man liefert gar nicht den Nachweis, dass an diesen Bauten etwas umweltverträglich sei.
  • Olympische Spiele mit Bürgerbeteiligung: die Abwicklung der Investitionen ist einem Sonderkommissar übertragen worden, womit Bürgereinwände und Klagen umgangen werden. Die meisten Vorhaben unterliegen der Geheimhaltung.

Es wird immer wahrscheinlicher, dass auch in Mailand Cortina (mit Antholz) 2026 das eintritt, was die meisten anderen Mitbewerber im Vorfeld zum Verzicht bewogen hatte: zu viel verpulvertes öffentliches Geld, unnötige Eingriffe in die Landschaft, zu viele überdimensionierte und dann nicht mehr genutzte Anlagen danach, die starke Belastung des ganzen Gebiets für einige Wochen, der geringe Nutzen für die einheimische Bevölkerung und Wirtschaft. Dazu kommt der ignorierte Klimaschutz: der Alpenraum leidet heute schon unter zu viel Verkehr, zu wenig Schnee, Wasserarmut, Überbeanspruchung seiner Ressourcen, Gefährdung seiner Artenvielfalt. Megaevents mit viel Beton und Mobilität sind gar nicht mehr vereinbar mit konsequentem Klimaschutz. Winterspiele mit Kunstschnee-Installationen zwischen Blechlawinen passen nicht mehr in die Zeit.

Ganz aktuell zur Vertiefung: Luigi Casanova (2022), Ombre sulla neve. Il "libro bianco" delle Olimpiadi invernali. Altreconomia

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Kommentare

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Johannes Engl 24.02.2023, 14:24

So schwer es den vielen Sportbegeisterten auch fallen mag: diese Mega Olympia Events müssen zum Auslaufmodell werden. Warum Südtirol glaubt, da noch mitspielen zu müssen, ist mir ein Rätsel.

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Hartmuth Staffler 24.02.2023, 14:45

Echte Sportbegeisterte brauchen keine überteuerten umweltschädlichen Megaevents, sondern sie bewegen sich umweltfreundlich auf ihren eigenen Beinen in einer möglichst wenig belasteten Landschaft (unberührte Landschaften gibt es ja schon lange nicht mehr). Hier geht es ausschließlich um Kommerz auf Kosten der Umwelt und der Landschaft. Einige wenige profitieren, alle anderen haben die Kosten zu tragen.

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Katja Renzler 26.02.2023, 08:24

Im Namen der parteien- und ortsübergreifenden Initiative Olang/Rasen Antholz rufe ich interessierte Bürger*innen auf, sich bei der Initiative zu melden. Wir bleiben am Thema Mobilität (Kreuzung Antholzertal, Olang) dran, dazu ist aber Unterstützung nötig. Jede Hilfe ist willkommen, auch sehr kleine Aktionen können viel bewirken!

Bitte gerne melden bei: initiativeolangrasenantholz@gmail.com

Herzlichen Dank und: Bleiben wir trotz Olympia sportlich. Lassen wir Transparenz und Teilhabe zu!

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Katja Renzler 27.02.2023, 13:03

Sendungshinweis: Rai Sender Bozen (TV) heute, 27.02.2023, ab 20.20 zum Thema Großprojekte und Partizipation... auch zu Projekten, deren Bau (nicht spätere Wartung!) u.a. über die Olympiagelder finanziert werden.

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