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Klimaschutz Schweiz

Die Schweiz stimmt über Klimaschutz ab

Das Schweizer Stimmvolk stimmt am 18. Juni über ein neues Klimagesetz ab. Zentrales Ziel: bis 2050 sollen die Netto-Treibhausgasemissionen der Schweiz auf null sinken.
Community-Beitrag von Thomas Benedikter07.06.2023
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Im September 2022 hat das Schweizer Parlament ein neues Klimagesetz verabschiedet, das den Umstieg auf erneuerbare Energie beschleunigen soll. Laut diesem Bundesgesetz muss die Schweiz bis 2050 klimaneutral werden. Sie darf dann nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als durch natürliche Kohlenstoffsenken wieder absorbiert werden. Im Gesetz werden Zwischenziele definiert und Vorkehrungen getroffen, öffentliche Finanzmittel klimafreundlicher zu investieren. Die „Gletscherinitiative“ hatte zuvor gefordert, dass ab 2050 alle fossilen Brennstoffe verboten werden. Das Parlament in Bern einigte sich daraufhin mit den Proponenten, die Klimaneutralität bis 2050 zu verankern, ohne explizites Verbot fossiler Energieträger. Wichtig die staatliche Unterstützung der „Wärmewende“: zwei Milliarden Franken werden ausgeschüttet für den Ersatz von Gas und Ölheizungen durch klimafreundliche Systeme, so swissinfo zum Gesetz.

Gegen dieses neue Klimaschutzgesetz hat die Schweizerische Volkspartei (SVP) das Referendum ergriffen (bestätigendes Referendum, 50.000 Unterschriften bundesweit, kein Quorum). Die SVP bezeichnet das neue Gesetz als "Stromfalle", die der Wirtschaft und der Bevölkerung schade. Das Erreichen der Klimaneutralität bis 2050, so die SVP, komme praktisch einem Verbot von Benzin, Diesel, Heizöl und Gas gleich. Von Umwelt- und Klimaschützern wird das Gesetz des Parlaments hingegen begrüßt und unterstützt.

Somit hat die Wählerschaft in der Volksabstimmung vom 18. Juni 2023 die Wahl, dieses Gesetz des Parlaments in Kraft zu setzen oder nicht. Die SVP hatte schon 2020 ein vom Parlament abgesegnetes Klimaschutzgesetz sabotiert. Das damalige CO2-Gesetz, mit breiter Mehrheit verabschiedet, hatte eine Reihe von Steuern und Maßnahmen zur Emissionsreduktion vorgesehen. Blamabel für die Schweiz, dass damals im Juni 2020 der Klimaschutz vom Volk an der Urne gekippt worden ist, zumal die Schweiz zu den emissionsintensivsten Ländern Europas gehört. Obwohl die Schweiz international verglichen wenig CO₂-Emissionen im Inland produziert (45 Mio t CO2 im Jahr), zeigen aktuelle Zahlen, dass die Schweizer Bevölkerung durch importierte Waren und Dienstleistungen viele CO₂-Emissionen verursacht und mit rund 14 Tonnen CO₂-Emissionen pro Person einen überdurchschnittlich hohen Pro-Kopf-Ausstoß aufweist (Südtirol laut KlimaHaus-Agentur 7,37 t pro Kopf im Jahr).

Strukturell teilt die Schweiz einige Merkmale mit Südtirol. Sie importiert 70% der verbrauchten Energie (Italien 78%); die restlichen 30% des Energiebedarfs werden durch inländische Stromerzeugung gedeckt. Dabei stammt zwei Drittel aus der eigenen Wasserkraft, ein Drittel aus der Atomkraft. 60% der Schweizer Wohnungen werden mit fossilen Brennstoffen beheizt. Südtirol bezieht immer noch viel Strom aus dem nationalen Strommix, der sich zu 65% aus fossilen Energieträgern speist. Wie Südtirol hinkt die Schweiz in der Photovoltaik stark zurück. Sie weist, wie vermutlich auch Südtirol, einen hohen Anteil grauer Energie und grauer Emissionen auf. Das ist auf den starken Güterimport, auf die Auslagerung der Produktion großer Konzerne in Drittländer, die ihre Wertschöpfung in der Zentrale in der Schweiz verrechnen, auf hohe Emissionen von Schweizern im Ausland z.B. durch Flugreisen zurückzuführen.

Laut Climate Action Tracker steht die Schweiz In der Rangliste der Klimapolitik zurzeit auf Platz 22, abgerutscht vom Platz 15, den sie 2022 innehatte. Italien ist mit Platz 29 auch nicht gerade Klassenbester. Die Schweiz muss ihre Politik verbessern und die Umsetzung beschleunigen, so die Experten vom CCPI, die laufend Rangordnungen zur Klimapolitik-Qualität der einzelnen Länder erstellen Das Referendum vom kommenden 18. Juni wird zeigen, ob das Schweizer Stimmvolk gedenkt, seinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und nationale Engstirnigkeiten zurückzustellen, auch im Interesse ihrer eigenen langfristigen Resilienz.

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Kommentare

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Josef Fulterer 08.06.2023, 19:45

Um die bitteren Folgen der K L I M A - K R I S E abzuwenden, werden die gedrechselten Reden der Politiker > n i c h t s < bewirken und auch ihre Ansicht, "dass mit Geld Alles lösbar ist,"(die sie speziell durch > i h r < abgehobenes Gehabe und der generösen Besoldung gewonnen haben) wird > W E N I G < helfen.

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Peter Gasser 08.06.2023, 20:21

In der Schweiz weiß man: „Das Erreichen der Klimaneutralität bis 2050, so die SVP, komme praktisch einem Verbot von Benzin, Diesel, Heizöl und Gas gleich“.
In Südtirol will man die Klimaneutralität bis 2040 mit „Benzin, Diesel, Heizöl und Gas“ erreichen (https://www.salto.bz/de/article/07062023/bis-2040-klimaneutral).
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Entweder schwarzmalen die Schweizer Politiker (nur ohne fossile Energie bis 2050), oder aber die Südtiroler Politiker (mit fossiler Energie bis 2040) sind Träumer.
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Wer versteht’s?

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Peter Gasser 08.06.2023, 20:26

Zitat: „Sie darf dann nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als durch natürliche Kohlenstoffsenken wieder absorbiert werden“.
Fragen an den Autor:
- gilt dies inklusive aller Treibhausgase durch Importe (gefertigte Konsumgüter) und Exporte (z.B. Tourismusreisen)?
- müssen die Kohlenstoffsenken in der Schweiz sein, und ist berücksichtigt, dass ein aufgeforsteter Wald erst nach 2-3 Jahrzehnten als Kohlenstoffsenke funktioniert?

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Dietmar Nußbaumer 08.06.2023, 23:03

Je länger zugewartet wird, umso teurer wirds.

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Thomas Benedikter 12.06.2023, 11:35

Die Schweizer sind wohl keine Schwarzmaler, wenn sie sich zu Klimaneutralität bis 2050 verpflichten, lieber Peter, und die wir Südtiroler keine Traumtänzer, wenn wir dasselbe schon 2040 erreichen wollen. Entscheidend ist der politische Wille, ganz oben und von der Bevölkerung mitgetragen. Schwierig wird es allemal, und tatsächlich liegt bei diesen Berechnungen der Reduktionsziele und Reduktionspfade der Teufel oft im Detail.
Deine zwei Fragen: Das Schweizer Klimaziel laut Klimagesetz betrifft wohl nur die inländischen Emissionen, nicht die grauen Emissionen, also durch importierte Güter und Dienstleistungen verursachte. Und das ist eine ganze Menge, denn die Schweiz hat derzeit um die 14 t CO2-Emissionen pro Kopf. Mit ihrem Konsumverhalten und dem Lebensstandard verursacht die Schweiz 3 Mal mehr CO2-Emissionen im Ausland als sie selbst im Inland produziert (37 Mio t verursacht sie direkt, 116 Mio t indirekt). Wir können gespannt sein auf die von der Landesregierung versprochene Berechnung der grauen Emissionen Südtirols, die auch nicht nur peanuts sind.
Zweite Frage: nein, die CO2-Senken müssen sich nicht notwendigerweise in der Schweiz befinden. So sieht es das Pariser Klimaabkommen (Art.6) vor. Wie alle anderen Länder kann sich die Schweiz im Ausland erworbene CO2-Kredite für sein Emissionskonto gutschreiben lassen. Dafür hat die Schweiz mit derzeit 10 Ländern bilaterale Abkommen abgeschlossen. Aber auch die im Ausland erworbenen CO2-Guthaben werden vom Climate Action Tracker als ungenügend eingestuft. Hier bildet sich eben ein globaler CO2-Kredite-Markt: ärmere Länder buhlen um das Geld der Industrieländer, um ihnen durch Aufforstungen und andere CO2-Senken solche Zertifikate zu verkaufen. Gar manche dieser Länder müssen aber selbst ihren CO2-Ausstoß verringern. Ein Beispiel: in Ländern mit Regenwald wird links ein Wald unter Schutz gestellt oder aufgeforstet, um der Schweiz ein Zertifikat auszustellen; und rechts wird der Wald abgeholzt für Viehweiden und Sojaproduktion für den Schweizer Fleischkonsum. Missbrauch ist Tür und Tor geöffnet.

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Peter Gasser 13.06.2023, 10:14

Besten Dank für die Rückmeldung, Thomas.
Zitat: „Die Schweizer sind wohl keine Schwarzmaler, wenn sie sich zu Klimaneutralität bis 2050 verpflichten, lieber Peter, und die wir Südtiroler keine Traumtänzer, wenn wir dasselbe schon 2040 erreichen wollen. Entscheidend ist *der politische Wille, ganz oben und von der Bevölkerung mitgetragen*“:
an den letzte Worten mache ich meinen fehlenden Glauben fest: die Bevölkerung macht nicht vorauseilend mit, das zeigen Konsum- und Gewohnheitsverhalten, und die Politiker, mein Gott, sie denken in Legislaturperioden und Machterhalt. Ich bin überzeugt, dass die gegenständlichen Zeit- und Sachziele nur mit harten Einschnitten, vom Politiker/Gesetzgeber verordnet, zu erreichen wären, wenn überhaupt.
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Zitat 2: „Mit ihrem Konsumverhalten und dem Lebensstandard verursacht die Schweiz 3 Mal mehr CO2-Emissionen im Ausland als sie selbst im Inland produziert (37 Mio t verursacht sie direkt, 116 Mio t indirekt)“:
klimaneutral bin ich NICHT, wenn ich meine Klimaschädlichkeit von meinem Wohnort ins Ausland verlagere. Ich bin kein reinlicher Mensch, wenn ich meine Abfälle in Nachbars Garten schütte, und allen meinen sauberen Garten zeige. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass unsere Gesellschaft ohne einschneidende Maßnahmen „Klimaneutralität“ nur ERRECHNEN und daran glauben kann, dass dies aber keinem ehrlichen Faktencheck standhalten wird.
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Zitat 3: „Ein Beispiel: in Ländern mit Regenwald wird links ein Wald unter Schutz gestellt oder aufgeforstet, um der Schweiz ein Zertifikat auszustellen; und rechts wird der Wald abgeholzt für Viehweiden und Sojaproduktion für den Schweizer Fleischkonsum. Missbrauch ist Tür und Tor geöffnet“: das sehe ich auch so - hier entstehen systematisch Missbrauch und Alibibestätigungen, mit denen man sich selbst und besonders den Kunden und Wählern etwas vorgaukelt,WAS NICHT IST.

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