Im Mittagsmagazin antwortete der BM dem Journalisten wörtlich:
Grundsätzlich ist es so, dass für eine dieser Fragestellungen 25% erreicht werden müssen, als dass sie bindenden Charakter hat. Aber unabhängig davon sind wir der Auffassung, auch wenn das Quorum nicht erreicht werden sollte, was ich persönlich nicht glaube, dass diese Aussage von Seiten der Bevölkerung ernst genommen werden soll, denn die Bevölkerung hat die Möglichkeit hier mit zu entscheiden und die gibt eine klare Zielrichtung vor und die sollten wir als Gemeinderat respektieren.
Am Tag darauf in der „Dolomiten“:
Damit das Referendum gültig wäre, müsste eine der Antworten von 25% Prozent der wahlberechtigten Brixner angekreuzt werden. Würde dies für mehrere Antworten zutreffen, wäre jene mit der höchsten Stimmenanzahl bindend. Albert Pürgstaller unterstrich, dass das Ergebnis des Referendums für die Gemeindeverwaltung bindend sein soll.
In der „Tageszeitung“ vom 6.06.:
Mindestens 25 %, also 4000 Wahlberechtigte, müssen sich auf eine Antwort festlegen, sodass diese für den Gemeinderat verbindlich ist. Erhalten 2 Fragen eine Mehrheit von 25%, so gilt jene mit den meisten Stimmen als verbindlich.
Ich habe bewusst reichlich Zeit verstreichen lassen, um auf Richtigstellungen zu warten oder in Leserbriefen die Meinung anderer zu finden. Nichts wurde richtig gestellt, kein Leserbrief/Forumkommentar dazu in den Medien (soweit meine Aufmerksamkeit reicht).
Keine Zweifel gibt es, wenn eine der beiden Alternativen (Seilbahn vom Bahnhof aus, verbesserte Busverbindung) die relative Mehrheit der gültigen Stimmen erreichen und die Stimmenanzahl mindestens 25% der Wahlberechtigten beträgt.
Was geschieht in all den anderen Fällen?
- Darf dann die Seilbahn vom Bahnhof aus gebaut werden?
- Darf die Busverbindung verbessert werden?
- Stimmt es, wie die Dolomiten meint, dass auch die Antwort „die Gemeinde soll keinerlei Maßnahmen einsetzen“ nur bindend ist, wenn sie die Mehrheit und die Stimmen von mehr als 25% der Wahlberechtigten hat?
- Ist das Angebot vom BM bürgerfreundlich, politisch opportun oder gar nicht erlaubt?
Diese Fragen sollten mit Hilfe des Reglements (Statut der Stadt Brixen Artikel 46 und Verordnung zur Direkten Demokratie) zu klären sein.
In den Zitaten kommen die Begriffe „gültig“, „bindend“, „verbindlich“ vor und werden trotz ihrer unterschiedlichen Bedeutung im gleichen Kontext verwendet. Im Reglement kommen gültig und verbindlich nicht vor, ebenso kommt der Begriff Quorum, der bei VA oft in Zusammenhang mit Gültigkeit verwendet wird, nicht vor. Dafür ist die „Zustimmung“ ein zentraler Begriff, der wiederum in den Zitaten nicht vorkommt. Vergleicht man die Bedingungen bei Zustimmung/gültig/bindend/verbindlich, so sind sie bis auf die Genauigkeit der Formulierung gleich.
Sollte aber Zustimmung mit Gültigkeit gleichgesetzt werden, dann wäre eine VA ohne Zustimmung ungültig, also ohne Aussage und somit ohne Auswirkung für die Gemeindeverwaltung, die dann frei entscheiden kann. Oder schärfer formuliert: Man kann nur noch zustimmen, aber nicht mehr ablehnen. Dann wäre die angestrebte VA nur mehr als schamloser Missbrauch der Direkten Demokratie zu bezeichnen.
Das Reglement sagt knapp und klar im Art 46 Absatz 10: „Das Ergebnis bindet die Gemeindeverwaltung und den GR“. Art 46 Absatz 9 und Art 30 der Verordnung legen die Kriterien für die Zustimmung für ein Vorhaben fest und damit auch für die Nicht-Zustimmung (Ablehnung). Beides sind mögliche Ergebnisse der VA. (Interpretiertes Nein: Ein detaillierter Beitrag zum Thema, der auch die Gesetzestexte enthält.)
Man sollte erwarten können, dass die Gemeindeverwaltung und der Gemeinderat Bescheid wissen über die Konsequenzen von Ergebnissen einer VA, wenn sie über ein Jahr lang nach Fragestellungen suchen, um mit einer 2/3 Mehrheit die eigene Fragestellung zu positionieren.
Persönliche Nachfragen bei Gemeinderäten und interessierten Bürgern ergaben, dass sich die Wenigsten über die Konsequenzen einer VA Gedanken machen, weil diese als eindeutig festgelegt angenommen werden. Auch unter den Gemeinderäten gab es keine einheitliche Meinung über die Gültigkeit der VA.
Unabhängig ob Strategie, Schlamperei oder Unfähigkeit hinter dieser Unklarheit steckt, sie muss beseitigt werden. Im Interesse der Bürger und der Gemeinderäte müssen diese Unklarheiten vor der GR-Sitzung im Juli geklärt werden. Ein für alle Bürger verständlicher Weg wäre das Ausfüllen der folgenden Tabelle mit Ja oder Nein. (hier gibt es die ausführliche, aber dafür kompliziertere Version der Umfrage)
Nach Zorn über die Konstruktion der Fragestellung und deren Zulassung, mit Unverständnis dafür, dass man mit voller Kraft in Richtung VA marschiert, ohne sich über die Konsequenzen bewusst zu sein, und gegen die Enttäuschung, dass meine Mitbürger diese Situation nicht so empfinden, habe ich die Tabelle als konstruktiven Vorschlag erarbeitet, um Schaden und Streit gar nicht aufkommen zu lassen.
Ich hoffe, dass sich ein paar Gemeinderäte sowie Brixner Bürger für eine rechtzeitige und verbindliche Klarstellung der offenen Fragen einsetzen und bin gespannt auf die Reaktionen.
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