Im fernen Jahre 1992 - also vor bald einem Vierteljahrhundert - hatte, so berichtet heute die heimische Neue Tageszeitung (http://www.tageszeitung.it/2015/01/22/magda-gibt-auf/), das römische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das eine verpflichtende Frauenquote für die Gemeindewahlen vorsieht. Immerhin hatte es diese verpflichtende Frauenquote von der Idee zum Gesetz gebracht, schon vor sehr vielen Jahren und in einem Italien, das von manchen so gern als rückständig hingestellt wird, auch heute noch, und keineswegs "nur" in Gleichstellungsbelangen.
Nun zeigt sich aber im Jahre 2015, da schau an, wer in Wahrheit rückständig ist: Denn während sämtliche Regionen dieses „rückständigen“ Italien die staatlichen Vorgaben umgesetzt haben – wäre ja auch gelacht, in all diesen Jahren -, hat nur eine einzige das nicht auf die Reihe gekriegt, und zwar just das moderne Südtirol ganz im Norden, jenes Südtirol, das einen eigenen Flughafen zu brauchen behauptet, um „den Anschluß an die Moderne“ nicht zu verpassen. Jenes Südtirol, von dem einige behaupten, es sei „zu schade für Italien“. Aber hallo.
Nun könnte man, nach allem, was man weiß, vielleicht denken, man begründe hierzulande derartige Schlampereien und Nachlässigkeiten – 1992! - vielleicht damit, dass man ja nicht wirklich zu Italien gehöre, dass man sich sowieso für alles und jedes Extra-Würste ausbedinge, warum also in Sachen Gleichstellung nicht, und dass man ja eh überhaupt besser sei und alles besser mache und wisse als dieses Rest-Italien, und also in diesem fortschrittlichen Südtirol selbstverständlich die Hälfte aller maßgeblichen Posten und Pöstchen an die Frauen ginge, man sei ja modern hier im Norden, und habe gesetzliche Vorgaben nicht wirklich nötig, weil hier, in den Bergen, herrsche schließlich die blanke Vernunft und das schiere Wissen darum, was besser ist, für alle.
Tja. Die Wahrheit sieht leider anders aus, und ich frage mich jetzt mehr denn je: Was sagt sie über uns, diese Wahrheit, über dieses eklatante und eigentlich unverzeihliche Versäumnis, die in der "Begründung" des Präsidenten (!) des Verbandes der Gemeinden (17 Mitglieder, davon 2 Frauen) so wunderbar zum Ausdruck kommt? Denn diese "Begründung" des Herrn Präsidenten lautet (man halte sich fest): „Es kann nicht sein, dass kurz vor den Wahlen in einer Provinz eine diesbezügliche Regelung eingeführt wird“. Er sagt tatsächlich „kurz vor den Wahlen (in 2015)“, und meint „seit 1992“.
Aber das geht noch weiter, denn er sagt auch, der Herr Präsident: „Dadurch würden große Unsicherheiten geschaffen.“ Unsicherheiten? Ja meint er denn, Südtiroler können nicht bis drei zählen? Und nicht unterscheiden, zwischen Männlein und Weiblein? Und dieses Wenige - also 1, 2 oder 3; Männlein/Weiblein - nicht auf einem Wahlzettel unterbringen? Meint er, es brauche hier, in den Bergen, wo man scheinbar noch ein bisschen langsamer ist als im langsamen Rest-Italien - noch einmal ein Vierteljahrhundert, bis diese Südtiroler Menschheit endlich schnallen könnte, wie das geht, mit der doppelten Vorzugsstimme, im Sinne einer tatsächlichen und höchstnotwendigen Gleichstellung der Geschlechter? Für wie beschränkt hält dieser Mann und die, die hinter und über ihm stehen, eigentlich die Südtiroler Bevölkerung?
Nein, ich gehe selbstverständlich nicht davon aus, dass diese Herren gehört haben, was der Papst (ja!) neulich sagte - oder vielleicht haben sie's gehört, aber nicht verstanden, vielleicht aber auch nur nicht auf die eigenen Verhältnisse bezogen, denn schließlich sprach er, der Papst also, diese Worte auf den Philippinen, und die Philippinen sind erwiesenermaßen nicht Südtirol:
Es gibt nur eine kleine Anzahl Frauen hier, zu wenige". "Frauen haben uns in der heutigen Gesellschaft viel zu sagen. Manchmal sind wir Männer zu sehr Machos. Wir lassen den Frauen keinen Raum, dabei sind Frauen fähig, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel als wir zu sehen. Frauen sind in der Lage, Fragen zu stellen, die wir Männer nicht verstehen können."
Schade, um die Gerechtigkeit und die guten - die besseren - Verhältnisse. Schade auch, dass jetzt niemand "Skandal" ruft und dass offensichtlich von derlei Geringschätzung, Herabsetzung und Schlampereien niemand im Lande sich berührt fühlt – der Volkszorn regt sich nur, wenn’s ums Geld geht. Staatsgesetze? Nebensache. Gleichstellung? Braucht kein Südtiroler Mann. Ja. Südtirol ist anders. NB: Ich wäre ja dafür, dass Frauen und intelligente Männer die kommenden Gemeindewahlen geschlossen boykottieren. Schade, dass davon wohl - einmal mehr - die Kaste der "weißen alten Männer" profitieren dürfte.
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