...plant der Inselstaat eine radikale Neuordnung seines Geldwesens ausgehend vom Vollgeldkonzept. Fast auf dem Fuß folgen könnten diesem Beispiel unsere Schweizer Nachbarn: sie sind zwar alles andere als krisengeschüttelt, aber sehr interessiert an einer stabileren und gerechteren Geldordnung. Soeben hat nämlich die Volksinitiative zur Einführung des Vollgelds die geforderten 100.000 Unterschriften erreicht. Endlich diskutiert man in gleich zwei europäischen Staaten ernsthaft die Notwendigkeit einer neuen Geldordnung.
Island hatte, wie viele andere Länder, in Vergangenheit stark unter Bankenkrisen, Immobilienblasen, Wechselkursinstabilität gelitten. Dazu kam steigende Inflation. In der Finanzkrise brahcen die drei größten Banken Islands zusammen und mussten vom Staat übernommen werden. Noch heute verhandelt Island über die Rückzahlung der Schulden an ausländische Gläubiger, nachdem das Volk zwei Mal Schuldentilgungsabkommen abgelehnt hatte. In einem ParlamentsReport werden die Ursachen der Krise schonungslos offen gelegt.
Die Geschäftsbanken hatten vor der Krise viel mehr Geld geschöpft als für Islands Wirtschaft nötig, die Zentralbank hatte die Geldmenge nicht mehr steuern können („Überschießende Giralgeldschöpfung“ nennt das Joseph Huber, der namhafteste Vertreter des Vollgeld-Konzepts in Deutschland), der Staat stand vor dem Bankrott. Durch die Reform soll sicher gestellt werden, dass die isländische Zentralbank wieder die volle Kontrolle über den Geldumlauf erhält. Durch das Vollgeld wird das Kreditgeschäft von den Finanzdienstleitungen und Bankeinlagen völlig entkoppelt, die Geldschöpfung wird zur öffentlich-rechtlichen Aufgabe allein der Zentralbank.
Island würde mit der neuen Geldpolitik nun die Geldschaffung der Geschäftsbanken völlig unterbinden. Der Report sieht vor, dass alle Bankkredite vollständig aus Geld bestehen, welches durch die Notenbank gedeckt ist. Das Land erhofft sich dadurch weniger Bank-Runs, niedrigere Zinsen für Kredite, weniger Finanzspekulationen und höhere Steuereinnahmen. Mehr zu den verschiedensten Vollgeld-Projekten in Joseph Hubers Vollgeld-Portal.
Kommt das noch nie zuvor dagewesene geldpolitische Experiment in Island tatsächlich zustande, wird man vor allem in der Schweiz dessen Auswirkungen auf die isländische Wirtschafts- und Finanzwelt verfolgen. Denn im Juni 2014 hat der Verein Monetäre Modernisierung die "Vollgeld-Initiative" lanciert, die genau die gleiche geldpolitische Erneuerung in der Schweiz einführen will. Intensive Debatten zwischen Befürwortern und Gegnern sind bereits am Laufen. Früher als erwartet hat die Kampagne „Ja zu echten Franken auf unseren Konten“ bereits ihr Ziel erreicht und die 100.000 Unterschriften gesammelt. Nun wird in der Schweiz eine breite öffentliche Debatte über eine solche Reform stattfinden, die einen praktikablen Ausweg aus der heutigen Finanzmarktanarchie, Bankenübermacht und Überschuldung von Staaten, Unternehmen und Privaten weist.
Zu diesen spannenden Themen organisiert die Südtiroler Initiative Human Economy am 27. November 2015 in Bozen eine Tagung in der EURAC für alle Interessierten. Bei diesem Kongress werden alternative Geldmodelle vorgestellt, die auf regionaler Ebene sofort umgesetzt werden können. Der Vertreter der Schweizer Vollgeldinitiative, Alec Gagneux, spricht über das Vollgeld und die Vollgeldinitiative in der Schweiz, Tobias Plettenbacher führt in das Thema der Regionalwährungen ein und der a.o. Prof. für Rechnungswesen der Universität Wien, Franz Hörmann, hält ein Referat über das Informationsgeld. Alles weitere hier.
Ebenso findet ein Workshop mit dem Titel "Elementi giuridici del sistema di creazione di mezzi monetari delle banche private” für Richter, Anwälte Notare und Wirtschaftsberater (in italienischer Sprache) am Donnerstag 26. November statt.
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