War das demokratisch oder undemokratisch? So fragt heute der Sender Bozen nach der Bekanntgabe der Resultate der Meinungsumfrage zum sog. Benko-Projekt. Es war ein weder-noch – es war irgendetwas. Der Präsident des Landesbeirates für Kommunikation, Roland Turk, nennt es ein „wildes, regelloses Referendum“ bei dem sich die volle Propagandamacht der einschlägigen finanziellen Interessen ohne Einschränkung durchsetzen konnte. Man kann es auch als ein ‚Plebiszit von oben‘ (sehr beliebt bei Autokraten) bezeichnen. Bei einem solchen inszeniert derjenige, der die politische Macht dazu hat, eine Prozedur, die einen demokratischen Vorgang simuliert. Er legt dabei nach eigenem Gutdünken die Regeln fest und zwar so, wie sie am wahrscheinlichsten zum gewünschten Resultat führen werden. Dafür gibt es in dem abgelaufenen Benko-Verfahren eine ganze Reihe von Beispielen – von der Definition der Abstimmungsberechtigten über die Informationspolitik des Kommissars/Bürgermeisters/Gemeinderates bis zur Festlegung, was mit den Resultaten passiert.
Und die Simulation hat funktioniert. Die simple Tatsache, dass da ein Karton steht mit einem Schlitz oben drauf und ein Vorhang da ist, hinter den man sich geheimnisvoll zurückziehen und dann stolz ob solcher Machtfülle seinen gefalteten Zettel mit einem Kreuz darauf einwerfen kann, das hat genügt, um bei vielen Menschen, Experten und Medienvertretern den banalen Reflex zu aktivieren „aha, da passiert Demokratie und sogar ganz speziell eine direktdemokratische Abstimmung“. Und wie sollte man es ihnen verübeln? Was kennen wir schon mehr, als das Kreuzl machen alle 5 Jahre hinter dem Vorhang? Woher sollten wir eine Ahnung haben davon, was alles nötig ist, um wirklich von einer demokratischen oder gar einer direktdemokratischen Abstimmung sprechen zu können? Was wissen wir von Wahlgesetzen? Was wissen wir davon, wie sorgsam und genau mit demokratischen Wahlen und Abstimmungen umzugehen ist und wie entscheidend festgeschriebene, gute, vollständige und klare Regeln dabei sind, die dann auch noch korrekt angewandt werden müssen?
Wir werden lernen müssen, dass der Versuch zum Missbrauch der Demokratie und ihrer Verfahren ständig präsent ist und dass dieser Missbrauch sofort dort geschieht, wo klare Regeln fehlen und/oder große Lücken darin klaffen. Die großen Interessen schlafen nie. So sollte eine wesentliche Forderung an die bei den anstehenden Gemeindewahlen antretenden Kandidaten sein, dass sie sich für eine Revision des Gemeindestatutes einsetzen, um gute, klare und vollständige Regeln für direktdemokratische Verfahren einzuführen.
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