Dem Artikel sei vorausgeschickt: Es tut mir sehr leid dass es so ist wie es ist, ich fühle mich voll solidarisch mit den vielen fleißigen Bergbauern, die seit Jahrzehnten um ihre Existenz kämpfen, mit einem Eimer und auf einem Melkstuhl begonnen hatten, ihre Grauviehkuh zu melken und die Milch der Sennerei zu liefern. Damals war die Regel: 1 Kuh mit Kalb für 1 ha Wiese, die Kuh lieferte 8 l Milch am Tag; ihr Mist wurde mit Stroh zusammen auf die Schubkarre gelegt und zum Reifen auf dem Misthaufen gelagert. Diese Zeiten sind vorbei. Inoxcontainer, Melkanlagen, mehr Großvieheinheiten im Stall, im Stadel neben den gleichgebliebenen Heumengen lagern Soja, Mais, Weizen, mehr 35 l-Turbokühe, Entmistungsanlagen mit Wasser prägen das moderne Bild.
Was ist derweil mit den Bergbauern- Familien passiert? Es gibt zwar welche, die haben es zu Wohlstand gebracht, die Weichenden sind ins Tal gezogen, Handwerker geworden, helfen der alten Heimat wie es geht, der am Hof gebliebene muss nebenher arbeiten, um sich den Ankauf moderner Melkanlagen, sauteurer Traktoren leisten zu können. Manche Alten sind alleine oben geblieben, führen weiterhin ein karges Leben, einigen hilft die Stille Hilfe weil sie’s sonst nicht mehr derpacken. Mancher Hof verlattert, verfällt langsam wie die alte Mähmaschine, der alte Traktor unter der Stadelbrücke. Ein Bild des Niedergangs, das mir weh tut.
Die Milchproduktion hat sich seit 1984 mehr als verdoppelt und dies bei einer ständig rückläufigen Zahl an Milchkühen und bewirtschafteten Flächen, weil zugefüttert wurde. Diese zunehmende Verfütterung von Kraftfutter („Müsli“) an die Turbokühe gibt schwindende Glaubwürdigkeit für „Milch von unseren Bergbauern“ und heufutterqualitätszerstörende Jauchenverbreitung bis in die Höhen hinauf, was sich aber für wenige einzelne Industriebetriebe rentiert.
In der Tat sinken durch die immer kapitalintensivere, industrielle Landwirtschaft europaweit die Preise für die Milch, siehe dazu hier.
Der Weltagrarbericht erklärt diese „landwirtschaftliche Tretmühle“ so: „... Bauern, die frühzeitig eine Technologie einführen, die produktiver oder kostengünstiger ist als der allgemeine Stand der Technik, realisieren so lange einen Extraprofit, wie die Preise sich dieser Effizienzsteigerung noch nicht angepasst haben. Sobald andere die neue Technologie einsetzen, steigt die Produktion und die Preise beginnen zu fallen. Bauern, die die Technologie nicht einsetzen, geraten dann in eine Preisklemme: Ihr Einkommen sinkt, egal wie hart sie arbeiten.” (Global, S. 73)
Diese die Kleinbauern ruinierende, weltweit im Bericht nachgewiesene Gesamttendenz, wird von unseren derzeitigen Landwirtschaftspolitikern nicht gesehen, geschweige denn der einzige wahre Ausweg aus dieser Sackgasse:
Die vielstrukturierte landwirtschaftliche Produktion, die kleinstrukturierte Bergland-wirtschaft mit Produktveredelung und Nischenprodukten, die reiche Erfahrung der Bergbauern müssen wissenschaftlich unterstützt, die Produktion naturnaher, schmackhafter und wirklich gesunder Produkte muss erhalten und gefördert werden. Und zwar anstelle der Subventionierung der Industrieland-wirtschaft! Nur dadurch kann ihr Einkommen steigen!
„Die Landwirtschaft ist am Scheideweg! Weiter wie bisher ist keine Option!“ ist die Vision der Malser, die von Hans Rudolf Herren unterstützt wird. Und sie sollte von allen Bauern erkannt und unterstützt werden, sofern es ihre Macher nicht sehen wollen.
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