Das SVP-Wahlgesetz von 2013 hatte die Briefwahl für Heimatferne eingeführt, eine Geschlechter-Höchstquote von 2/3 geschaffen, die Landesregierung auf neun Mitglieder begrenzt (Blockwahl) und die Wahlkampfkosten pro Kandidat auf 40.000 Euro beschränkt. Heute geht es – auch unter dem Eindruck des Rentenskandals – darum, das Gewicht der Wählerschaft gegenüber Parteien und Interessengruppen zu stärken. Dies kann über ein neues Verfahren der Vorzugsstimmenabgabe, über die Wahlkampfkostenregelung, und die Mandatsbegrenzung geschehen, aber auch durch die Erleichterung der Listenbildung und Vereinfachung des Wahlverfahrens selbst. Einige wesentliche Schritte für ein freieres Wahlrecht könnten folgende sein:
- Die Vereinfachung der Verfahren bei der Bewerbung (z.B. weniger Unterlagen für die Einreichung der Listen, weniger und einfacher zu erbringende Unterschriften)
- Die Reduzierung der Kosten der Wahl selbst (z.B. durch Einführung der Briefwahl für alle, Zusammenlegung mit Abstimmungen)
- Noch klarere Regelungen zu Unvereinbarkeit und Unwählbarkeit
- Verhinderung der Professionalisierung der Politik (durch Begrenzung der Mandate auf zwei Legislaturen)
- Betonung der Legitimation durch Wahlen (keine Berufung von Regierungsmitgliedern von außen)
- Bessere Information der Wähler (Pflicht der Vorlage von Wahlprogrammen für ein amtliches Wahlinformationsheft für alle Wähler)
- Strenge Reglementierung der Wahlwerbung (Verbot der Bewerbung durch Interessengruppen, geringere Wahlkampfkosten)
- Geschlechterparität bei den Kandidaten (Reihung von Männern und Frauen nach Reißverschluss-System)
- Möglichkeit der Bestimmung der Politikergehälter durch die Wähler bei der Wahl selbst
- Mehr Einflussnahme der Wählerschaft auf die Reihung der Kandidaten (durch Panaschieren)
Für Südtirol völlig neu wäre dabei – abgesehen vom Recht auf Briefwahl – das Panaschieren (und eventuell das Kumulieren). Dies bedeutet, seine vier oder mehr Vorzugsstimmen auf Bewerberinnen verschiedener Listen bzw. Parteien verteilen zu können. Neben der Präferenz für eine bestimmte Partei kann die Wählerschaft dann auch die Reihung der Kandidaten auf anderen Listen beeinflussen. Über die Zahl der einer Liste zugeteilten Sitze entscheidet zwar bei dieser Variante des Panaschierens immer die erhaltenen Listenstimmen jeder Liste, aber die Wähler können die persönliche Zusammensetzung des Landtags besser beeinflussen. Ein solches Wahlrecht stärkt die Wahlfreiheit und die Nähe zwischen Kandidaten und Wähler. Einige Schweizer Kantone, Bayern und Baden-Württemberg praktizieren das Panaschieren schon seit Jahrzehnten bei Kommunalwahlen, Hessen seit 2001.
Eine wichtige Streitfrage war bei den bisherigen Reformanläufen die Direktwahl des LHs, die mit Zweidrittel-Mehrheit vom Landtag eingeführt werden könnte. Dies haben 2013 die Freiheitlichen und die Südtiroler Freiheit gefordert. Ohne Zweifel braucht es eine Aufwertung des Landtags und eine klarere Trennung von Exekutive und Legislative. Die kann allerdings eher durch eine Direktwahl der gesamten Landesregierung wie z.B. in den Schweizer Kantonen hergestellt werden. Die Direktwahl nur des LHs hat z.B. im Trentino die Vormacht des LHs gegenüber dem Landtag bloß weiter gestärkt. Eine Direktwahl der einzelnen Mitglieder der Landesregierung, die dann nicht Mitglied des Landtags wären, ist wiederum ohne Änderung des Autonomiestatuts nicht möglich. Man kann gespannt sein, welche Neuerungen die Initiative für mehr Demokratie in ihrem Wahlrechtsvorschlag demnächst einbringen wird.
Thomas Benedikter
Aggiungi un commento
Effettua il login per aggiungere un commento!Commenti