"Strahlt der Mond ganz voll und hell, wächst dem Knecht ein Werwolffell."
Zunächst mal ein paar nüchterne Fakten. Der Mond "wiegt" weniger als unsere Erde. Mit einer Masse, die in etwa dem 1/81 der Erdmasse entspricht, kreist er in einer Entfernung von ca. 384.000 km (das entspricht, ganz grob, einer Lichtsekunde) um uns herum. Diese Informationen werden später noch wichtig.
(Da solch große Entfernungen nur schwer zu fassen sind, sei jedem/jeder LeserIN das unten angeführte Youtube Video wärmstens empfohlen.)
Der Mond hat auch sonst noch viele interessante Eigenschaften, so dauert z.B. seine Rotationsperiode (die Rotation um seine eigene Achse) genau gleich lang wie sein Bahnumlauf um die Erde. Diese "gebundene Rotation" bedeutet für uns, dass wir immer diesselbe Seite des Mondes sehen (Wir kennen die erdabgewandte Seite erst seit 1959 dank der Raumsonde Lunik 3). Außerdem ist der scheinbare Durchmesser des Mondes am Firmament ziemlich genau gleich groß wie der scheinbare Durchmesser der Sonne. Ein unglaublicher Zufall, denn diesem Umstand ist es zu verdanken, dass wir Sonnenfinsternisse beobachten können. (So eine Anordnung ist vermutlich äußerst selten in unserer Galaxie und wird uns in Zukunft jede Menge außerirdische Touristen bescheren; sofern sie existieren und sie sich beeilen, denn auch dies wird nicht immer so bleiben. Andere Geschichte...).
Der Glaube an einen Einfluss des Mondes auf unser tägliches Leben (Schlafstörungen, Autounfälle, auffälliges Verhalten, Haarwuchs, etc.) ist in der Gesellschaft weit verbreitet. Klar, der Mond ist ja auch die beeindruckenste Gestalt am nächtlichen Himmelsfirmament. Jede/r ist schon mal in seinen Bann gezogen worden. Aber wie sieht es mit diesen Behauptungen unter der Lupe der Wissenschaft aus?
(Hinweis: An dieser Stelle sei betont, dass wir dem Mond grundsätzlich sehr schwer eine *ursächliche* Wirkung nachweisen können, selbst wenn eine Korrelation von den untersuchten Variablen, wie z.B. Unfallrate, mit den Mondphasen gefunden wird. Um von einer beobachteten Korrelation auf eine Ursache schließen zu können, bedarf es immer einer Kontrollgruppe. In diesem Fall wären das Menschen, die auf einem Planet leben würden (z.B. Venus), der keinen Mond hat)Ganz klar und völlig unbestritten: Der Mond, genauso wie die Sonne, hat auf Grund seiner Massenanziehung einen Einfluss auf Ebbe und Flut. Berechnet man nun aber die Gezeitenkraft, die der Mond auf uns Menschen ausübt (eben unter der Berücksichtigung seiner Masse und seiner Entfernung), so ist diese äußerst gering. Eine Person, die sich in unmittelbarer Nähe zu mir befindet hat einen 80.000 (!) mal höhere Gezeitenkraft als der Mond. Und sogar eine Kopflaus übt eine vergleichbare Last auf mich aus. Wenn es also überhaupt einen Gezeiteneinfluss auf uns Menschen gibt, dann müssten wir uns eigentlich über die Gezeitenkräfte anderer Objekte unterhalten, z.B. die Alpen, oder einen Zugwagon. Man kann die Situation auch aus einem anderen Perspektive beleuchten: Habt ihr schon mal Gezeiten in einem Wasserglas oder in einem Schwimmbad beobachtet?
Nachdem wir also keinen gravitativen Einfluss auf den Menschen nachweisen können, bleibt aber noch immer die Lichtwirkung des Mondes, denn der Mond hat so genannte Phasen (was uns eben als das bekannte "ab- bzw. zunehmen", "Voll- und Neumond" bekannt ist). Dies geschieht einfach gesagt dadurch, dass immer nur die Hälfte des Mondes von der Sonne beleuchtet wird, wir ihn aber aus unterschiedlichen Blickwinkeln von der Erde betrachten. Befindet sich der Mond auf derselben Seite wie die Sonne (also Erde-Mond-Sonne Konfiguration), dann haben wir Neumond, befindet er sich auf der gegenüberliegenden Seite (Mond-Erde-Sonne Konfiguration) haben wir Vollmond. An dieser Stelle ist es interessant zu betonen, dass der Vollmond nur für sehr kurze Zeit wirklich ein Vollmond ist, denn bereits wenige Minuten, nach der Vollmond-Konfiguration, zeigt sich bereits ein Schatten am Mondrand. "Heute ist Vollmond" müsste also im besten Fall mit einem "Genau jetzt ist Vollmond" ersetzt werden. (Dasselbe gilt natürlich auch für den Neumond). Übrigens: "The Dark Side of the Moon", also die dunkle Seite des Mondes ist aus oben genannten Gründen der Phasenentstehung nicht immer die erdabgewandte Seite. Dies sorgt immer wieder für Missverständnisse).
Können also die Mondphasen einen Einfluss auf den Menschen haben? Es ist durchaus wissenschaftlich belegt, dass gewisse Tiere, wie z.B. Feldmäuse je nach Mondphase mehr oder weniger aktiv sind, um nicht so leicht von Fressfeinden gefunden zu werden.
Eine der größten Meta-Studien (quasi die Studie von sehr vielen vorangegangenen Studien) zu diesem Thema wurde 1985 von Rotton und Kelly durchgeführt, die mehr als 100 Datensätze aus 37 Studien untersuchten. Die Forscher untersuchten den Zusammenhang der Mondphasen mit Morden, Gewalt in der Familie, Schusswunden, Alkoholismus, Schlafwandeln, Notrufe, Katastrophen, Verbrechen, Einweisungen in die Psychatrie, Verkehrsunfälle, Feueralarm, Börsenkurse uvm. Allerdings konnte am Ende kein statistisch signifikanter Effekt mit keiner der untersuchten Variablen gefunden werden.
Ein Zusammenhang mit der Geburtenrate und Mondphase wird auch häufig vermutet. Jedoch konnte für über 2.5 Millionen Geburten zwischen 1970 und 1999 in Österreich kein Zusammenhang zu den Mondphasen gefunden werden (Wunder 1995a). Eine weitere Studie (auch von Wunder, 1995b) ging sogar soweit alle Geburten von 1771, also lange bevor die künstliche Beleuchtung in unserer Welt Überhand genommen hat, bis 1940 zu untersuchen. Doch auch in diesem Fall konnte keine signifikanter Zusammenhang zwischen Geburtenrate und Mondphase gefunden werden.
Auch zwischen dem weiblichen Menstruationszyklus und der Mondphase wird häufig ein Zusammenhang postuliert. Dies liegt vor allem an der scheinbar ähnlichen Periodizität. (Tatsächlich schwankt der Menstruationszyklus zwischen 20 und 40 Tagen, gerade hier wäre also eine Kontrollgruppe an Frauen auf einem mondlosen Planeten wichtig. Zusätzlich dauert der Menstruationszyklus bei unterschiedlichen Tierarten zwischen 11 und 37 Tagen an, somit scheint es sich beim Menschen bloß um reinen Zufall zu handeln). Zur Zeit ist die Befundlage diesbezüglich etwas widersprüchlich: Eine Studie von Law (1986) hat zwar einen Zusammenhang gefunden (es scheint, als ob der Zyklus chinesischer Frauen eher zu Neumond beginnt) während andere Studien keinen Zusammenhang gefunden haben. (Hoseman 1950, Pochobradsky 1974).
Und wie ist das jetzt mit der Schlaflosigkeit bei Vollmond? Wissenschaftlich gesehen ist die Sachlage eindeutig. Es gibt keinen Zusammenhang. Eine 6-Jahre andauernde Studie von Klösch und Zeitlhofer von 2003 zeigt: "In keiner der zur Verfügung stehenden subjektiven Schlafbeurteilungen konnte ein signifikanter Unterschied zwischen den Vollmond-/Neumondnächten, den Nächten während des zunehmenden/abnehmenden Mondes und den als "neutral" eingestuften gefunden werden. Dies gilt gleichermaßen für gesunde, Patienten, Männer und Frauen. [...] Zwischen 25 und 30% aller Gesunden/Patienten stuften Vollmondnächte im bezug auf die Schlaf- und Aufwachqualität als die besten bis sehr gute Nächte ein, etwa 45% gaben diesen Nächten durchschnittliche Werte und etwa 15% beurteilten diese Nächte als sehr schlecht bzw. am schlechtesten (ca. 9%)."
Wieso glauben aber so viele dran: Der Grund liegt ganz einfach in der selektiven Wahrnehmung begründet. Was das ist, erfahrt ihr hier.
Sollte ich mir aber bei einer bestimmten Mondphase die Haare schneiden lassen? Interessanterweise gibt es zu diesem Thema keinerlei Studien (zumindest sind mir keine bekannt und ich habe auch keine gefunden). Rein wissenschaftlich scheint die Hypothese aber sehr unwahrscheinlich. Nachdem wir ja alle meistens tagsüber zum Friseur gehen, kann die Mondphase über ihre Lichtwirkung keinen Einfluss auf das Haare-Schneiden haben. (Allerdings gibt es einige Salons, die gerade deswegen auch Nachts geöffnet haben). Und rein gravitativ wissen wir ja bereits, dass jede Haarschuppe eine größere Gezeitenkraft hat als der Mond.
Mein Urteil und das vieler anderer Forscher, die sich ausgiebiger als ich mit dieser Materie befasst haben ist eindeutig: Der Mond übt keinen Einfluss auf den menschlichen Organismus aus. Aber ein imposanter Begleiter am Nachthimmel ist er trotzdem.
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Dieser Text beinhaltet Referenzen und Quelle aus dermond.at und bedient sich recht freizügig aus dem empfehlenswerten Buch von Dr. Andreas Hergovich - Die Psychologie der Astrologie.
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