Ich war ziemlich beeindruckt, letztes Jahr, als ich erfuhr, was man vorhatte mit der Wiese, auf der noch vor wenigen Jahren ein paar Ochsen geweidet und mich zum Fürchten gebracht hatten, nämlich dass man in größerem Maßstab Äpfel anbauen wolle, ich glaube übrigens, es sollen sogar Bio-Äpfel werden. Da schau an, habe ich mir gedacht, die Klimaveränderung: Spätestens angesichts dieser blühenden Apfelbäumchen unter dem Schlern wird wohl niemand mehr behaupten können, dass es sie nicht gäbe. Und, so dachte ich mir weiter, sie scheint ja, die Gefürchtete, auch das eine oder andere Geschenk im Gepäck zu haben, für jene Zeitgenossen zumindest, die die Zeichen der Zeit zu deuten imstande sind und dazu den Mut haben, auszubrechen und neue Wege zu beschreiten.Die kleine Apfelplantage wurde übrigens in diesem Frühjahr erweitert – ein noch deutlicheres Zeichen, wenn wir so wollen, für die Nachhaltigkeit der Klimaveränderung, aber auch dafür, dass echte Pionierarbeit gern und oft Früchte trägt, hier sogar im wahrsten Sinne des Wortes.
Image pflegen vs. Fakten (an-)erkennen
So weit, so schön, wäre da nicht die heutige Tageszeitung, die in großer Aufmachung berichtet, die Kastelruther Touristiker sorgten sich, diese Apfelplantage könne das Image des Ortes als Skiort schädigen, sie sei gar zu prominent und nicht zu übersehen, dort, direkt am Ortseingang. Ich will hier nicht groß darauf eingehen, was unser Ort für ein Skiort ist (nämlich gar keiner (mehr), vielleicht wegen der Klimaveränderung, vielleicht auch nicht; er ist aber sehr wohl einer der schönsten Orte in einer der schönsten Gegenden des Landes und natürlich ist er Hauptort der Gemeinde seines Namens, die ein sehr großes, sehr schönes und sehr renommiertes Skigebiet ihr eigen nennen darf), sondern vielmehr darauf, wie sehr diese Begebenheit doch zeigt, was in erster Linie zählt bei uns: Nämlich das Image, also der Schein, und nicht harte Fakten, also das Sein. Die Fakten, die uns nicht passen - hier die Klimaveränderung – werden verschwiegen bis geleugnet, so lange, wie’s ein bisschen geht, und wenn’s dann gar nicht mehr geht, weil sie auch beim allerbesten Willen nicht zu übersehen sind, dann schauen wir, ob wir sie nicht vielleicht doch noch unter den Teppich kehren könnten, ein bisschen zumindest, dass sie nicht gar so sichtbar seien und ihn nicht gar so sehr trüben, den (schönen?) Schein.
Die Ewig-Gestrigen und die Pioniere
Oh, bevor ich’s vergesse: Just jene Touristiker, die sich via TZ online über die Pionier-Arbeit (deren Risiken er ja übrigens und vermutlich ganz allein trägt) des Apfelbauern ereifern und Imageschäden für das längst vergangene „Ski“ unseres Dorfes monieren, werkeln seit Jahrzehnten daran, sich als Pioniere hervorzutun, indem sie unser Dorf mit einer weiteren Seilbahn „aufwerten“ wollen, mit einer Seilbahn, die so überflüssig ist wie ein Kropf am Hals eines Zwanzigjährigen. Wer aber jetzt meint, dass spätestens die erste Blüte der ersten Apfelplantage auf Kastelruther Hoheitsgebiet zum Anlass genommen würde, diese „Pionier“-Pläne für die gefühlt dreihundertste Skifahrer-Seilbahn im Lande endgültig und mit einem verschämten Lächeln in den untersten Schubladen der hintersten Schränke zu versenken und sich neuen, zukunftsfähigeren Plänen zu zuwenden, der hat sich getäuscht.
Nein, nicht die schiere Tatsache, dass diese Apfelplantage überhaupt existieren kann, und auch nicht ihre nachfolgende Erweiterung werden zum Anlass genommen, der spätestens damit unleugbaren Klimaveränderung ins Auge zu sehen und den Schwerpunkt der Debatte dorthin zu verlagern, wo sie ja eigentlich stattfinden müsste, nämlich über der Frage, in welcher Richtung unser aller (wintertouristische, aber nicht nur) Zukunft zu finden sein wird, wenn schon heute auf 1.100 Metern Meereshöhe Apfelbäume Früchte tragen.
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