Die Töne der Veranstalter sind triumphal: "Una valanga di voti per l'indipendenza veneta travolge la partitocrazia italiana." 2.360.000 Bewohner haben sich am fünftägigen Referendum für die Unabhängigkeit Venetiens beteiligt. 89 Prozent haben sich dafür ausgesprochen, nur 11 Prozent dagegen. Eine zweifellos hohe Zahl, die freilich nicht ohne Schönheitsfehler zustandegekommen ist.
Obwohl nicht in Venetien wohnhaft, habe auch ich meine Stimme abgegeben. Knapp zwei Minuten genügten mir am Freitag, um mit einer erfundenen Veroneser Adresse und einer ebenso inexistenten Ausweisnummer den Code 880464529282 zu erhalten, der mich zur Stimmabgabe im Internet berechtigte. Das sagt einiges aus über die Zuverlässigkeit dieser online-Befragung, die vom privaten Veranstalterkomitee zum Referendum hochstilisiert wurde, obwohl dafür jede rechtliche Grundlage fehlte und die Ergebnisse in keiner Weise überprüfbar sind.
Kurios an dieser Wahl war vor allem der Umstand, dass sie von den italienischen Medien ignoriert wurde, aber bei einem Teil der Auslandspresse auf Interesse stieß. Vor allem bei den russischen Staatsmedien. Russia today und der Sender Stimme Russlands etwa berichteten ausgiebig über die Volksabstimmung und rückten sie in die Nähe des Referendums auf der Krim: "Norditalien sucht Unabhängigkeit". Auf dem Potsdamer Platz in Berlin fragten russische Journalisten ahnungslose Passanten: "Haben Sie schon von dem Unabhängigkeitsreferendum in Italien gehört?" Im Bericht war von einer "historischen Entwicklung im Herzen Europas" die Rede, da sich die Bürger "auch von EU und Nato trennen" wollten. Auch die britischen Medien verfolgten das Referendum aufmerksam - mit Blick auf die bevorstehende Volksabstimmung in Schottland.
Die Siegesfeier ging am Abend in Treviso über die Bühne - in jener Stadt, in der die Lega im Vorjahr ihre schwerste Niederlage erlitten hat. Knapp 500 Anhänger jubelten dem Initiator Gianluca Busato zu, der Venetien zur unabhängigen und souveränen Republik erklärte: "Anche dalle altre regioni sta emergendo la consapevolezza che la strada del diritto di autodeterminazione che in Veneto sta trionfando è l'unica soluzione per liberarsi dal peggiore mostro burocratico del mondo occidentale. La bestia sanguinolenta dello Stato italiano è odiata da tutti i suoi sudditi in ogni dove. Semo un cuor solo, semo un solo popolo. Semo gli eredi della Serenissima."
Doch das Spiel ist noch lange nicht beendet. Nun will die Lega ihr eigenes Referendum und drängt darauf, im Regionalrat den entsprechenden Gesetzentwurf zu genehmigen, der eine regionale Volksabstimmung vorsieht. Forza Italia jedoch
sieht keinen Anlass zur Eile. Und sollte der Gesetzentwurf endlich genehmigt werden, wird er sicher vom Staat angefochten,
da ein solches Referedum von der Verfassung nicht vorgesehen ist. Bis dahin sind im Veneto Neuwahlen fällig, die der Lega-Präsident Luca Zaia wohl kaum überleben dürfte.
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