1.000 Arbeitsplätze hat René Benko mit seinem Kaufhaus Bozen versprochen. Noch ist es nicht so weit. Die bevorstehende Internationalisierung Bozens hat aber schon einmal derweil zwei neue Berufsbilder nach Südtirol gebracht.
Erstens den "Investor". Das scheint René Benkos offizielle Berufsbezeichnung zu sein. Laut Wikipedia ist das ein "Anleger (auch Kapitalanleger oder Investor genannt). Er legt als einer der Kapitalmarktakteure Geld am Kapitalmarkt an. Er investiert." Er kauft also. Ein Käufer. Offenbar ist das, was früher eine reine Tätigkeit war, inzwischen zum Beruf geworden. Weil aber der Investor ja auch etwas verdienen muss (denn wer immer nur kauft, der wird nicht allzuviel verdienen), verkauft er vermutlich auch. Ein Verkäufer ist Benko trotzdem nicht, nein, er bleibt Investor. Das klingt nobler, ja sogar ein wenig nach edler Gesinnung. Die wohl darin liegt, dass einer sein Geld nicht geizig auf seinem Bankkonto hortet, sondern eben INVESTIERT, fast als wäre es zum Wohle der Allgemeinheit.
Weil Benko nicht immer in Südtirol weilen kann (er muss ja rund um den Globus sein Geld anlegen), hat er ein zweites Berufsbild nach Südtirol gebracht, nämlich den Statthalter. Herr Hager, in der RAI einmal fälschlicherweise mit einer anderen Qualifikation bezeichnet, lässt sich offenbar lieber "Statthalter" nennen. Der letzte mir bekannte Vertreter dieser Berufskategorie war Pontius Pilatus. Ich habe auch hierzu in der Wikipedia nachgeschaut und folgende Definition gefunden: "Ein Statthalter ist ursprünglich ein Verwalter für eine bestimmte Region, der stellvertretend für einen Vorgesetzten (z. B. König, Kaiser, Präsident usw.) Verwaltungsaufgaben in seinem Verwaltungsbezirk übernimmt. (...) Die Funktion früherer Statthalter entspricht der von Regenten oder Gouverneuren." Ganz weit von Pontius Pilatus sind wir also nicht entfernt.
Ein paar halbernste Überlegungen, soweit, am Rande des Sommerlochs. Aber Wörter schaffen immer auch Bilder. Bilder und Geschichten. Und wer sich die Fähigkeit Benkos im Bereich des Narrativschaffens anschaut (man denke nur daran, dass er, unglaublich aber wahr, weite Teile Bozens davon überzeugt hat, die Bahnhofsallee sei eine Asphaltwüste und die Südtirolerstraße ein Verkehrsinferno), dann kann man sich gut denken, dass auch die Wortwahl im Zusammenhang mit seiner eigenen Person und seinem Vertreter (das ist hingegen eine aussterbende Berufsgruppe) in Bozen kein Zufall ist.
Denken wir also ruhig darüber nach, was es mit uns macht, wenn wir statt "Käufer" "Geldanleger" oder "Investor" hören und statt "Vertreter" "Statthalter". Ich werde jedenfalls weiter genau hinhören. Und ich bin schon gespannt, welche lexikalische Welten sich uns noch eröffnen werden - die immer auch soziale Welten spiegeln. Wer weiß: Vielleicht werden die derzeit im Bahnhofspark weilenden Personen ja künftig zu "Flaneuren" im Einkaufszentrum. Und falls nicht (was wahrscheinlicher ist), können wir sie ja immer noch so nennen. Dann würden sie vielleicht auch gar nicht mehr so lästig ins Auge stechen.
Die Frage bleibt aber, was wir BürgerInnen werden. Konsumenten? Käuferinnen? Investoren?
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