Auf dem ersten Blick haben die Wahlen im Österreichischen Bundesland Tirol wenig Neues gebracht. Die ÖVP konnte ihre Position halten und auf Oppositionsseite kann der interessierte politische Beobachter den Aufstieg und Niedergang diverser Kräfte zur Kenntnis nehmen. Aber machen wir einmal ein Experiment und versuchen Analogien und Unterschiede zwischen Nord- und Südtirol herauszufiltern; und dann daraus einige Schlüsse für den Südtiroler politischen Herbst zu ziehen.
Zuerst einmal die Analogien:
-In beiden Landesteilen gibt es die die politische Landschaft beherrschende Partei die den Anspruch erhebt alle Tiroler(im südlichen Falle alle deutschen und ladinischen Südtiroler) politisch zu vertreten. Viele andere Parteien reiben sich an ihr und sind teilweise das Produkt einer Abspaltung von ihr; gar einige Exponenten der Opposition waren früher Vertreter der Mehrheitspartei bzw. haben politisch dort angefangen.
-Beide großen Parteien definieren sich in erster Linie als konservative-christlich-soziale Partei und besitzen ein festes konservativ-katholisches Wertegebäude.
-Die linke politische Hälfte ist eher unterentwickelt und findet sich in erster Linie in urbanen Gebieten ihre Wähler. Auch wenn die Grünen bsw. in Nordtirol mehr als doppelt soviele Stimmen haben wie ihre Südtiroler Brüder und Schwestern so kommen sie kaum über ihre urbane Wählerschicht hinaus; was eine klare Wachstumsgrenze nach oben ist.
-Die deutschen und ladinischen Südtiroler Wähler gleichen in ihrem mental-traditionellen Verständnis ihren Tiroler Kollegen.
-Die Opposition profitiert wenig oder gar nicht von den Skandalen, Affären und politischen Fehltritte der beiden großen Parteien.
Und nun einige Unterschiede:
-Die Südtiroler Politik ist zutiefst ethnisch geprägt; die Verteidigung der Autonomie sowie die 'Gegnerschaft' zum Staat fördert den Zusammenhalt der Mehrheitspartei. Nordtirol ist verglichen mit Südtirol weder ethnisch bunt noch kann man bei allen Reibereien Innsbruck vs Wien mit Bozen vs Rom vergleichen.
-Auch wenn man einige Überschneidungen in Betracht zieht so wählen Deutsche und Italiener in Südtirol meist komplett unterschiedlich. Italiener bevorzugen die lokalen Ableger der nationalen italienischen Parteien; die Südtiroler wählen fast nur Parteien die italienweit sonst nicht vorkommen.
Nun einige politische Überlegungen was die Tiroler Wahlen von heute über die Südtiroler Landtagswahlen im Herbst aussagen könnten.
Analog zu Nordtirol könnte es passieren daß die Wahlen weniger der Mehrheitspartei Stimmen kosten sondern vielmehr dafür sorgen die Karten unter den Oppositionsparteien neu zu mischen. Im BL Tirol hat die Strategie ÖVP Landeshauptmann Günther Platter zum Feindbild zu machen nicht funktioniert; Strategien einen Wahlkampf nur auf die Gegnerschaft zur ÖVP auszurichten sind nur sehr bedingt geglückt. Den Südtiroler Oppostionellen ist der bisherige Reibebaum Durnwalder komplett abhanden gekommen; nun tritt das Kuriosum ein daß eine alternde Südtiroler Oppositionsmannschaft nun gegen einen komplett frischen neuen Mann, Arno Kompatscher, einen Wahlkampf führen muß. Weitere Landesräte werden wohl ausgetauscht weil bisherige aufhören bzw. nach Rom gewechselt sind. Es wird schwierig als altgediente Oppositionelle gegen eine verjüngte Mannschaft Wahlkampf führen zu müssen. Interessant die Beobachtung daß die Opposition kaum etwas aus den Skandalen, Affären und politischen Fehltritten der großen Parteien machen konnte; eher wechseln Enttäuschte in das Lager der Nichtwähler als daß sie ihr Kreuzchen bei einer der Oppositionsparteien machen. Die ÖVP hat sich manch Fehltritt geleistet; was nicht zuletzt auch Grund der Abspaltungen war; prozentual geschadet scheint es der ÖVP aber nicht zu haben. Besonders lampant ist es aber in Südtirol. Die Opposition bekommt einen Steilpass nach dem anderen, kann aber kaum einen verwerten. Die Schuld an den ganzen Fehlern kann die Mehrheitspartei im Licht der Öffentlichkeit bei den 'Alten' abladen und auf wenige Namen begrenzen; an der neuen Mannschaft scheint aber wenig hängen zu bleiben.
In Nordtirol haben viele politische Mitbewerber und noch mehr politische Beobachter und Politologen ein Desaster der ÖVP erwartet; die sind heute ratlos.
Der Südtiroler Herbst könnte sehr leicht ähnlich ausgehen; mit einer sehr ratlosen Opposition.
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