Advertisement
Advertisement
Flugverkehr u. Klima

Ihr Lufttaxi zum Klimawandel

Zum Flugverkehr von und zum Bozner Flughafen schweigt sich der Klimaplan aus: ist er vielleicht ÖPNV? Derweil rüsten SkyAlps genauso wie ITA zum kräftigen Ausbau.
Un contributo della community di Thomas Benedikter30.05.2023
Ritratto di Thomas Benedikter

SkyAlps will durchstarten. Am 17. Juni 2021 hatte die Fluggesellschaft der Herren Gostner, Haselsteiner und Benko den Betrieb aufgenommen und 2022 rund 50.000 Fluggäste befördert. Jetzt fliegt SkyAlps immer mehr Destinationen an: Berlin, Hamburg, Düsseldorf und Kassel in Deutschland, Amsterdam und Rotterdam, Antwerpen, London, Billund und Kopenhagen. Und im Sommer gibt es dann die Direktflüge nach Sardinien, Sizilien, Apulien, Kalabrien, Kroatien und Ibiza für die betuchteren Südtiroler Kunden. SkyAlps plant stärker zu wachsen, vor allem indem Drehkreuze wie Frankfurt angeflogen werden, die dann Passagiere aus aller Welt nach Bozen bringen. Die Flotte von derzeit 4 Maschinen soll auf 10 Flugzeuge erweitert werden. SkyAlps-Chef Gostner plant, 10 weitere Dash-Maschinen anzuschaffen. Neben Privatjets, Helikopterrundflügen und „Sportfliegern“ steht dem Bozner Flughafen also ein kräftiges Wachstum von Flugbewegungen ins Haus.

Was steht zum Flugverkehr eigentlich im Klimaplan Südtirol 2040? Im Aktionsfeld 7.1.4 zum Schwerverkehr und Warentransport sowie Personenverkehr wird das emissionsintensivste Verkehrsmittel „Flugzeug“ mit keinem Wort erwähnt. Jeder Bezug zum Flugverkehr fehlt im Teil 2. Auch der Teil 1 mit den klimapolitischen Zielen des Landes schweigt sich zum Thema Flugverkehr aus. Der motorisierte Individualverkehr soll in 14 Jahren (207) um 40% gesenkt werden; in 12 Jahren (2035) sollen nur mehr Elektrofahrzeuge zugelassen werden und in 9 Jahren (2032, Inbetriebnahme des BBT) sollen 25% der Gäste mit der Bahn anreisen. Nur der Flugverkehr scheint expandieren zu dürfen. Vielleicht stuft ihn das Land Südtirol als eine Art ÖPNV ein, zumal es ja um Kurzstrecken (Nahverkehr bis Berlin und Ibiza) geht.

Nun hat Bozen am 7.11.2022 die Goldmedaille als „umweltfreundlichste Stadt Italiens“ erhalten. Wie passt der wachsende Flugbetrieb dazu? Das wollte auch GR Rudi Benedikter wissen und hat am 16.11.2022 im Bozner Gemeinderat einen Beschlussantrag mit dem Titel „We must act now. Lokaler Klimaschutz ganz konkret: Kurzstreckenflüge von SkyAlps stoppen“ eingebracht (Nr. 35/2022). Benedikter verweist auf die Verpflichtung der EU, bis 2030 die CO2-Emissionen gegenüber 1990 um -55% zu reduzieren, auf die geplante Abschaffung von Kurzstreckenflügen in Frankreich, auf die Schließung von Regionalflughäfen in Deutschland. Demgemäß sollten Stadtrat und Bürgermeister verpflichtet werden, bei der Landesregierung zu intervenieren, damit diese den Flugverkehr von und zum Flughafen Bozen im Interesse des Klimaschutzes einschränkt. Der Beschlussantrag liegt nun in der Umweltkommission und muss vor dem 15. Juni behandelt werden.

Selbst wenn die Landesregierung das wollte, dürfte sie bei der italienischen Regierung kaum auf offene Ohren stoßen. Diese hat nicht nur jahrelang die marode ALITALIA mit Milliarden Euro an Steuergeldern vor dem Bankrott gerettet, sondern ist immer noch Mehrheitseigentümerin der Nachfolgegesellschaft ITA. Vor wenigen Tagen ist dort die Lufthansa mit 41% (330 Mio Euro) eingestiegen. Nach Rückkehr in die Gewinnzone will die Lufthansa ihren Anteil um weitere 50-55% aufstocken. Noch 2022 hat ITA bei einem Umsatz von 1,6 Mrd Euro einen Verlust von 486 Mio. Euro eingeflogen, zu Lasten der italienischen Steuerzahlerinnen. Eigentlich ein Anlass, um aus dem klimaschädlichsten Verkehrsbranche überhaupt auszusteigen Und wenn bis 2027 alle Anteile der ITA an die Lufthansa gehen, wäre die italienische Regierung diesen Klotz am Bein tatsächlich los. Der Preis dafür ist allerdings der Ausbau des Flugbetriebs: und dafür muss der italienische Staat die Rahmenbedingungen schaffen.

Dank besserer Rahmenbedingungen und des neuen Gesellschafters Lufthansa will ITA kräftig wachsen: für 2027 werden 94 Flugzeuge (heute 70) und ein Umsatz von 4,1 Mrd. Euro angepeilt. Das geht nur mit mehr Flügen, mehr Passagieren, mehr Emissionen. Das Ganze ist ein Hohn auf die europäischen und italienischen Verpflichtungen zum Klimaschutz. Dabei wird gerade Italien heute schon von den Auswirkungen des Klimawandels (Überschwemmungen, Waldbrände, Dürre in der Landwirtschaft) ganz schön gebeutelt. Wie kann man dann den Flugverkehr als klimaschädlichste Verkehrsbranche noch fördern?

Der Ball liegt allerdings auch bei der EU, denn alle Fluglinien, gleich ob ITA, Lufthansa, Ryanair oder eben auch SkyAlps, profitieren von der immer noch fehlenden Besteuerung des Kerosins. Dieser Verzicht auf eine echte Besteuerung kommt einer gewaltigen Subventionierung des Flugverkehrs gleich. Eine echte Kerosinsteuer ist derzeit international kaum durchsetzbar, wäre aber auf EU-Ebene oder innerstaatlich möglich. Mit einem bilateralen Abkommen könnten auch nur Deutschland und Italien eine solche Steuer einführen und internationale Flüge besteuern. Um die eigenen Airlines im globalen Wettbewerb zu schützen werden Rom und Berlin auf die Kerosinsteuer wohlweislich verzichten. Davon profitiert auch SkyAlps, das „Lufttaxi in den Süden“, wo man über „Klimapläne“ sicher nur müde lächelt. Also weiterhin indirekte staatliche Subvention des Flugverkehrs durch zu billiges Kerosin und in der Folge viel zu billige Flüge. Schwer, sich aus diesem Teufelskreis zu befreien.

Advertisement
Advertisement
Ritratto di Hartmuth Staffler
Hartmuth Staffler 30 Maggio, 2023 - 21:23

Thomas Benedikter hat, wie so oft, den Nagel auf den Kopf getroffen. Leider fühlen sich aber die Köpfe, die entscheiden müssten, nicht betroffen.

Advertisement
Advertisement
Advertisement