Aktiver Klimaschutz erfordert nicht nur neue Regeln zur Reduktion emissions- und energieintensiver Tätigkeiten und den Umbau der Energieversorgung, sondern auch die Revision der öffentlichen Anreiz- und Förderungssysteme. Produktion und Konsum können in eine klimafreundliche Richtung gelenkt, fossile Energie verteuert werden. Wenn z.B. versteckte Subventionen an die Flugindustrie (steuerbefreites Kerosin) entfallen, steigen die Flugpreise und es wird weniger geflogen. Wenn offene Subventionen zur Massentierhaltung und Fleischproduktion abgebaut werden, steigen die Fleischpreise und diese klima- und gesundheitsbelastende Form der Ernährung geht zurück. Somit bilden öffentliche Subventionen einen kräftigen Hebel zur Klimaneutralität in all ihren Formen: direkte Finanztransfers, gezielte Steuerentlastungen, durch politische Regeln erzeugte Unterschiede zwischen realen und echten, also „kostenwahren“ Preisen (z.B. beim Gütertransport).
Erstaunlich dabei: die Tendenz zielt in die Gegenrichtung. In der OECD haben sich die Subventionen an die fossile Energie von 2020 (312 Mrd. USD) auf 2021 (697,2 Mrd. USD) verdoppelt, und kletterten 2022 auf über 1000 Mrd USD. Der russische Überfall auf die Ukraine und seine Rückwirkungen auf die Energiemärkte waren einer der Hauptauslöser, denn viele Regierungen haben die Strom- und Treibstoffpreise gedeckelt, haben auf viele Steuermilliarden verzichtet, wie z.B. bei Treibstoff und Gas in Italien. Milliarden flossen in die Unterstützung von fossilen Energieunternehmen, oft hat man sozial undifferenzierte Subventionen ausgezahlt, mit einem riesigen Mitnahmeeffekt seitens jener, die sich höhere Preise leisten könnten.
Natürlich muss in einer Energiekrise ärmeren Verbrauchern geholfen werden. Doch schaffen Subventionen für fossile Brennstoffe immer auch Abreize, Energie zu sparen und auf erneuerbare Quellen umzusteigen. Außerdem werden öffentliche Mittel abgezogen, die in Investitionen in saubere Energie fließen sollten. Wenn wegen verbilligtem Diesel für die Frächter, Schiffe, Landwirte auf Milliarden Euro Einnahmen verzichtet wird, fehlt dieses Geld beim Ausbau des Güterverkehrs auf der Schiene oder der Haussanierung. Wenn in Südtirol Millionen an Landesbeiträgen ohne Klimaschutzauflagen in den boomenden Tourismus fließen, fehlen die Mittel für Beiträge an Bedürftige zur Umrüstung auf emissionsfreie Heizungen.
Der erste Schritt zum Abbau klimaschädlicher Subventionen wäre volle Transparenz. Das italienische Ministerium für den ökologischen Übergang präsentiert alle zwei Jahre den „Catalogo dei sussidi ambientalmente dannosi e dei sussidi ambientalmente favorevoli“. Die jährlich ausgeschütteten umweltschädlichen Subventionen beliefen sich auf 24,5 Mrd. Euro (2019) und auf 21,6 Mrd. Euro (2020). Allein der fossile Energieverbrauch ist 2019 mit 15 Mrd. und 2020 mit 13,1 Mrd. bezuschusst worden. 2022 aus oben genannten Gründen nochmals deutlich mehr. Umweltfreundliche Subventionen werden auf 17,6 Mrd (2019) und 18,9 Mrd Euro (2020) geschätzt. Unterm Strich also mehr Schaden als Nutzen. Im Sinne des Klimaschutzes müssten aber alle Subventionen klimapolitisch unbedenklich sein. Wenn Italien seine Hausaufgaben sowohl gegenüber der UN (Pariser Abkommen 2015) als auch gegenüber der EU (Fit for 55, Klimaneutralität 2050) erfüllen will, muss es aus diesen Subventionen aussteigen. Auch das deutsche Umweltbundesamt publiziert regelmäßig Berichte über die umweltschädlichen Subventionen mit Beträgen auf doppelt so hohem Niveau.
In Südtirol spielen die Subventionen an die gewerbliche Wirtschaft eine herausragende Rolle. Laut ASTAT-Jahrbuch 2022 (S.507) hat der öffentliche Sektor 2019 immerhin 968 Mio Euro an Wirtschaftsförderung ausgegeben. Die Kapitalzuweisungen des erweiterten öffentlichen Sektors an private Unternehmen umfassten 2019 372,5 Mio. Euro (ASTAT-JB 2022, S.495). Allein die Landwirtschaft hat 2019 115 Mio Euro an Investitionszuschüssen erhalten. Dazu kommen verschiedene versteckte Subventionen. Wie viele davon klima- oder umweltschädlich sind, ist ungeklärt, denn einen analytischen Subventionsbericht des Landes gibt es nicht. Sozialpolitisch oder agrarpolitisch mögen solche Subventionen manchmal begründet werden, etwa zur Stützung der Berglandwirtschaft. Doch aus Klimaschutzperspektive sind alle Subventionen für fossile Brennstoffe schädlich, weil sie die realen Kosten einschließlich der ausgelösten Umwelt- und Klimaschäden verzerren. Ein kleines Beispiel: warum verbraucht die Südtiroler Landwirtschaft Jahr für Jahr mehr verbilligten Diesel, obwohl die Zahl der landwirtschaftlichen Fahrzeuge und Betriebe abnimmt und die Gesamtproduktion und bewirtschaftete Fläche so gut wie stagniert?
Deshalb plädieren Umweltschutzorganisationen zu Recht dafür, Subventionen für fossile Brennstoffe rasch abzubauen und bedürftige Betriebe und Haushalte gezielt finanziell zu stützen, um soziale Härten zu vermeiden. So wie der Staat den „Bericht der umweltschädlichen Subventionen“ herausbringt, muss auch das Land Klarheit über seine Subventionstätigkeit schaffen und die Geheimniskrämerei in diesem Bereich aufgeben. Als zweiten Schritt muss das Land die Vergabekriterien im Lichte des Klimaschutzes überprüfen und neu fassen. Tätigkeiten, die zu verstärkten CO2-Emissionen führen, dürfen nicht mehr, Tätigkeiten und Projekte, die zu einer Einsparung von Emissionen führen, sollen stärker als bisher gefördert werden. Es geht um eine systematische Umschichtung der öffentlichen Beitragsvergabe, sonst wird mit einer Hand gefördert, was die andere Hand im Klimaplan wieder abbauen will.
Der Klimaplan betont zwar die Bedeutung der Anreizsysteme für den Klimaschutz, bleibt bei den Maßnahmen vage und spricht die konkrete Subventionspolitik gar nicht an. Auf S. 74 findet sich die Ankündigung: "Innerhalb 2024 wird eine Studie in Auftrag gegeben, die alle Landesgesetze und Landesförderungen auf ihre Klimarelevanz untersucht.“ Ein sehr wichtiges und aufwändiges Vorhaben, fürwahr. Damit würde für Klarheit gesorgt, und dann könnten mehr Transparenz bei der Subventionsvergabe und neue, strenge Auflagen für Energieeinsparung und Emissionsreduktion einkehren. Dem Klimaplan und seinen Zielen widersprechende Subventionspraxis müsste ein Ende haben.
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Mit Subventionen kann man relativ intransparent Klientelpolitik betreiben, während Transferleistungen an die einkommensschwächsten Schichten nicht verschleierbar, politisch nicht gewollt (besonders markant seitens der ÖVP in Ö:) sind und im Extremfall von den Reichen rechtlich angefochten werden.
Gute Analyse. Sie zeugt auf, dass die Politik zu wenig Mut aufbringt, von allen Wirtschaftstreibenden den ihnen zufallenden Beitrag zum Klimaschutz einzufordern. Dabei wären gar einige Wirtschaftstreibende durchaus bereit, mehr zum Klimaschutz beizutragen. Einige erheben den CO2 Foodprint des Unternehmens freiwillig und finden dadurch Potentiale, wo sich CO2 einsparen lässt. Ungut ist, wenn dann solche Betriebe auf dem Markt von Mitbewerbern "rechts überholt" werden, welche glauben, sich um ihren CO2 Ausstoß nicht kümmern zu müssen. Für den Erhalt von Förderungen sollte deshalb
A) ein CO2 Foodprint
B) eine Strategie zur Verringerung des Ausstoßes der Treibhausgase
C) eine Auflistung der durchgeführten THG-Reduktionsmaßnahmen
das allermindeste sein, was ein Betrieb bei jeder Gesuchstellung vorlegen muss.
Genau das wäre gefragt, Johannes, nicht nur ein "Energie-Audit" für größere Unternehmen, sondern ein verpflichtender CO2-Fußabdruck, also eine Emissionsbilanz des jeweiligen Betriebs, als Voraussetzung für den Erhalt von Landesbeiträgen. Dann braucht es auch vorab festgelegte Schwellenwerte, die ein Unternehmen bei Erhalt der Förderung in einer bestimmten Frist zu erreichen hätte. Wie sonst soll der Anreiz zur Reduktion greifen? Was hier neben dem Subventionsbericht des Landes fehlt, ist auch das Monitoring und die Wirksamkeitsanalyse der ausgeschütteten Beiträge: haben sie überhaupt ihren gesetzlichen Zweck erreicht oder sind sie nur "mitgenommen" worden, die Investition wäre ohnehin getätigt worden. Viele Millionen könnten auf diese Weise im Landeshaushalt umgeschichtet werden.