Fast alle sprechen von unserer Pflicht zur Menschlichkeit, zur Solidarität, zum Respekt, zur Gastfreundschaft und Hilfe. Manche sagen, dass die Sorgen und Ängste von Menschen angesichts dieses enormen Phänomens ernst zu nehmen sind. Andere meinen, dass unsere Wirtschaft sie braucht. Manche unterstreichen, dass die Herkunftsländer unterstützt werden müssen. Wieder andere weisen auf das Scheitern der EU hin. Ungefähr 10 Personen deuten an, dass wir mit großen Problemen konfrontiert sein werden und Illusionen fehl am Platz sind. Und nur 8 Befragte ringen sich zu einem mehr oder weniger deutlichen Hinweis auf die herrschende wirtschaftliche Weltordnung als der Ursache für diese Tragödie durch.
Diese letzte Zahl ist erstaunlich. Sie bedeutet: 95 Menschen von den 103 können oder wollen keine Worte finden für die ursächlichen Hintergründe dieser epochalen Vorgänge. Und niemand kann oder will den präzisen, allgemein bekannten und wissenschaftlich korrekten Begriff der neoliberalen kapitalistischen Wirtschaftsordnung verwenden, die weltweit Gültigkeit hat und die auch von unserer EU kompromisslos nach innen und außen durchgesetzt wird. Als aktuelles Beispiel für die immer weiter fortschreitende Perfektionierung dieser Weltordnung können die Verhandlungen zwischen EU und USA zum TTIP-Vertrag dienen.
Könnten wir uns alle angesichts dessen, was geschieht, nicht wenigstens an unseren Papst Franziskus halten? Seit 2 Jahren hilft er unserem Verstand auf die Sprünge. "Damit das System fortbestehen kann, müssen Kriege geführt werden, wie es die großen Imperien immer getan haben. Einen dritten Weltkrieg kann man nicht führen, und so greift man eben zu regionalen Kriegen …. Das System braucht den Krieg, um zu überleben." Und weiter: „Solange die Probleme der Armen nicht von der Wurzel her gelöst werden, indem man auf die absolute Autonomie der Märkte und der Finanzspekulation verzichtet und die strukturellen Ursachen der Ungleichverteilung der Einkünfte in Angriff nimmt, werden sich die Probleme der Welt nicht lösen.“ „Diese Wirtschaft tötet.” Wer zusätzlich zum Gutsein auch Klartext denken und reden will, ist somit in ziemlich guter Gesellschaft.
Wir brauchen zusätzlich zu unseren besten Impulsen der Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit auch unseren klaren Verstand, der uns Zusammenhänge aufzeigt und Orientierung gibt. Ebenso brauchen wir Kontakt zur eigenen Angst, zur Ablehnung und zum Hass. Wenn wir diese nur in den anderen sehen, ist unser Gutsein gefährlich kraftlos und auf Sand gebaut. Hellinger meinte sinngemäß: Der Mensch ist ein ganzer Mensch – was ist dann ein guter Mensch? Wenn wir also diese Drei zusammenhalten, unser Helles, unser Dunkles und unseren Verstand, dann haben wir eine Chance, das, was kommt, zu bewältigen und eine Zukunft zu gestalten.
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