Ich bin bekennendes und aktives Mitglied der katholischen Kirche. Oft habe mich geärgert, weil ich mit verschiedenen Entscheidungen nicht einverstanden sein konnte. Derzeit überwiegt die Freude darüber, dass die Kirche ein Oberhaupt gewählt hat, dessen Gedanken und Äußerungen ich voll teilen kann. Das stimmt mich zuversichtlich.
Ich bin bekennenden und aktives Mitglied der Südtiroler Volkspartei. Als solches habe ich mich ebenfalls oft geärgert. Derzeit schäme ich mich ob der Scheinheiligkeit und politischen Skrupellosigkeit, mit welcher meine Partei in Sachen Direkte Demokratie zu Werke gegangen ist. Trotz besseren Wissens (und wohl auch Wollens) seitens der Initiatoren dieses Gesetzes, trotz vieler warnender Stimmen von Experten und aus der Bürgerschaft, hat die Partei kurz vor den Wahlen praktisch im Alleingang und ohne Bürgerbeteiligung ein Gesetz über die Bürgerbeteiligung durchgeboxt.
Die Initiative für Direkte Demokratie hat mit zahlreichen freiwilligen Mitstreitern und ohne Unterstützung der meinungsbildenden Medien den ganzen Sommer über Unterschriften gesammelt, damit dieses schlechte Gesetz über die Bürgerebteiligung so nicht in Kraft treten kann. Es war nicht einfach, in den Ferienmonaten die Bürger zu mobilisieren. Schlussendlich ist es gelungen die notwendige Zahl an Unterschriften zu sammeln.
Noch bevor die Promotoren die mühselig gesammelten Unterschriften der Bürger übergeben konnten, preschten einige Abgeordnete meiner Partei vor und beantragten die Einleitung eines Referendums über das von ihnen selbst gebastelte Gesetz. Sie mussten nicht mühselig Unterschriften sammeln, kraft des ihnen vom Volk verliehenen Mandates genügte ihre eigene Unterschrift. Wie dumm müssen sich die Unterschriftensammler und Unterschreiber vorkommen, wenn sie sich anhören müssen, dass es gar nicht notwendig gewesen wäre, weil man ja von der Politik aus selbst das Volk zu befragen beabsichtigt hätte. Warum, bitteschön, hat man das nicht gleich gemacht, warum hat man hämisch abgewartet, ob die Bürgerinitiatve die notwendigen Unterschriften zusammenbringt?
Zudem müsste es den gewählten Politikern klar sein, dass Bürgerinitiativen und Referenden eben Rechte und Instrumente der Direkten Demokratie (das heißt der Bürger) sind, während die gewählten Vertreter, kraft der vom Volk anvertrauten Macht über andere Instrumente verfügen (Parlament, Landtag, Anträge usw.). Es ist gefährlich und unzulässig, die Instrumente der Direkten Demokratie für politisches Kalkül zu missbrauchen. Die Bürger werden dieses lückenhafte Gesetz verwerfen und die neugewählten Mandatare werden, hoffentlich, auf das von den Bürgern bereits einmal mit großer Mehrheit vorgelegte Gesetz zurückgreifen.
Die Direkte Demokratie in Form des Selbstbestimmungsrechtes sowie andere Formen der Bürgerbeiteiligung sind in den Satzungen und Beschlüssen der Südtiroler Volkpartei fest verankert. Ich kann nur hoffen, dass der neue politische Stil, der sich mit dem Anwärter auf das höchste politische Amt ankündigt, der Bürgerschaft mehr Respekt zollen und größerer Freiräume zugestehen wird. Die Äußerungen, die Auftritte und auch der bisherige Lebenslauf dieses vielversprechenden Kandidaten, der ja auch aus den Reihen meiner Partei kommt, stimmen mich zuversichtlich.
Aggiungi un commento
Effettua il login per aggiungere un commento!Commenti