Gamoer, Michael
Landesarchiv Bozen
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Zeitgeschichte

Ebners Weihnachtsgeschenk

Meinungsfreiheit, Vergangenheitsbewältigung und öffentliche Beichte: Toni Ebner und die Freiheit von Forschung, Lehre und Wissenschaft.
Di
Ritratto di Alex Lamprecht
Alex Lamprecht23.12.2019

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Ritratto di Günther Alois Raffeiner
Günther Alois Raffeiner 23 Dicembre, 2019 - 10:58

Der heilige ,anonyme,KRAH,mehr ist da nicht zu sagen-entsetzliches Medien MACHTGEHABE! Der Mann soll mal über sich nachdenken,wäre höchst an der Zeit,vieleicht kommt er dann in seinen alten Jahren drauf,was er falsch gemacht hat und noch falsch macht ,mit seiner impertinenten ARROGANZ!

Ritratto di Martin Senoner
Martin Senoner 23 Dicembre, 2019 - 11:10

"Auch der berühmte Kanonikus, dessen bemerkenswertes Engagement für die deutsche Minderheit in Italien niemand bestreiten will, war nämlich Kind seiner Zeit und keineswegs – wie manche immer noch hartnäckig behaupten – fehlerlos", ist für mich die Essenz dieses Artikels.
Aber die Opositionszeit hat auf beiden Seiten Wunden hinterlassen, die manche noch immer belasten (auch in der dritten Generation)!

Ritratto di Sepp Bacher
Sepp Bacher 23 Dicembre, 2019 - 15:29

Die Optionszeit meinen Sie??

Ritratto di △rtim post
△rtim post 23 Dicembre, 2019 - 11:27

Schon seltsam und mehr als befremdlich. Ebenso auch, wie eine Diplomarbeit zum Thema „Kirche und Option in Südtirol (1939/40)“ plötzlich zu einem Buch mit dem Titel "Seelsorge und Propaganda. Südtirols Kirche in der NS-Zeit" mutiert.
Neben dem redlichen Bemühen um das Nachvollziehen von historischen Prozessen - anstatt von moralischen Be- und Verurteilungen durch Nachgeborene - sollte es in der seriösen Geschichtsschreibung auch um Fakten gehen. Dazu gehört: In der Provinz Bozen (Bolzano) herrschte seit 1922 die faschistische Gewalt- und Terrorherrschaft Italiens. Der gewaltsame Einmarsch und die Besetzung von Teilen Italiens, u.a. der Provinz Bozen (Bolzano) als Teil der "Operationszone Alpenvorland", durch das nationalsozialistische Deutsche Reich erfolgte im Jahre 1943.
Die Begriffe, wie "Deutsch-Südtirol, Süd-Tirol, Südtirol ..." waren ja bereits seit 1923 unter Strafandrohung durch die faschistische Gewalt- und Terrorherrschaft Italiens verboten und politisch auch gar nicht existent.

Ritratto di Alex Lamprecht
Alex Lamprecht 23 Dicembre, 2019 - 12:31

Guten Tag, ich wollte nur anmerken, dass die Diplomarbeit zur Veröffentlichung überarbeitet werden musste. Der Titel der wissenschaftlichen Abschlussarbeit war dem Verlag nicht spannend genug. Als Untertitel hatte ich „Kirche und Option in Südtirol“ vorgeschlagen, der Verlag bestand allerdings auf der Formulierung „Südtirols Kirche in der NS-Zeit“, obwohl die NS-Zeit in Südtirol nicht leicht definierbar ist. Am ehesten müsste man die Zeit von September 1943 bis zum Kriegsende in Südtirol als NS-Zeit bezeichnen. Über die Geschichte Südtirols seit 1918 schreibe ich im Buch übrigens ausführlich, gehe darin natürlich auch auf Faschismus und Nationalsozialismus ein. Michael Gamper widme ich ein eigenes Kapitel im Buch und meine den Kanonikus darin sehr treffend beschrieben zu haben. Ich habe nämlich großen Respekt vor diesem Mann, muss aber bei meiner historischen Arbeit möglichst objektiv auch eventuelle Schattenseiten des Priesters, Journalisten und Politikers ansprechen.

Ritratto di Markus Lobis
Markus Lobis 23 Dicembre, 2019 - 11:50

Sehr bemerkenswert, mutig und konstruktiv, lieber Alex Lamprecht! Sie arbeiten sich mit Demut und Sachverstand in Richtung einer der zahlreichen Lebenslügen vor, auf denen die Watt- und Speckrepublik aufbaut. Ich danke für Ihren wichtigen Beitrag und die Debatte, die diesem Paktl für Toni Ebner folgen möge!

Ich stelle mir auch die Frage, ob das ethisch und evtl. auch kirchenrechtlich in Ordnung war, dass der Kanonikus seine Anteile am Medienunternehmen, das aus dem 1889 in Brixen gegründeten Katholischen Preßverein hervorgegangen war und die Gamper in seiner Rolle als Kirchenmann zugewiesen bekommen hatte, an seine Nichte Martha Fließ vererbt hat. Damit hat er den Weg zur Aneignung von Anteilen durch die Familie Ebner geebnet, den der heutige Generaldirektor vor einigen Jahren mit dem Erreichen satter Gesellschafter-Mehrheiten abschließen konnte.

Ritratto di Alex Lamprecht
Alex Lamprecht 23 Dicembre, 2019 - 23:11

Guten Abend Herr Lobis,
vielen Dank für Ihre wertschätzende Rückmeldung. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir die Pflicht haben, uns auch der unschönen Vergangenheit zu stellen. Mein Beitrag soll eine Einladung zum Mit- und Weiterdenken sein. Dabei gilt es, die Freiheit von Forschung, Lehre und Wissenschaft ernst zu nehmen und diese Freiheit dort zu verteidigen, wo ihr Gefahr droht. Es freut mich sehr, dass Sie in dieser Hinsicht meiner Meinung sind und mich dabei unterstützen.

Ritratto di Markus Lobis
Markus Lobis 24 Dicembre, 2019 - 22:43

Sehr geehrter Herr Lamprecht, Sie können auf meine volle Unterstützung zählen, auch wenn mein Einfluss sehr begrenzt ist. Aber ich werde die Entwicklung in diesen Angelegenheiten weiterhin sehr aufmerksam verfolgen.
Schon seit langem sehe ich eine Ursache für den aktuellen weitgehenden gesellschaftlichen Stillstand in Südtirol darin, dass wir unser (junges) Landl auf eine ganze Reihe von Lebenslügen aufbauen und Opfermythen konstruieren, wo wir auch Tätergeschichten erzählen müssten. Die weitgehend verdrängte - von den Historikern sehr gut aufgearbeitete aber nicht in der Gesellschaft angelegte - jüngere und Zeitgeschichte Südtirol wirft einen Schatten über die Zukunft Südtirols und wir riskieren weiteren langjährigen gesellschaftlichen Stillstand oder sogar Rückschritt.
Zu den Schatten der Geschichte - Südtirol gibt es erst seit dem Ende des Ersten Weltkrieges - kommt auch die auf Trennung ausgerichtete Landesverfassung hinzu, die keine gemeinsame - inklusive! oder: inkludierende - Perspektive zulässt und die uns trotz wirtschaftlicher Stärke zur allertiefsten Pampa machen wird, wenn wir nicht bald gegensteuern und breit geteilte Zukunftsperspektiven "von unten" entwickeln und zulassen.

Der Südtirol-Konvent wäre eine Chance gewesen. Der erste Anlauf ist aber gescheitert, weil das ganze Setting so ausgerichtet war, dass der politische Output unverrückbar vorgegeben war.

Machen Sie weiter! Ich bin froh, dass wir so engagierte und fitte junge Leute im Lande haben, sie Sie es sind! Viele kommen ja nicht mehr zurück, wenn sie mitbekommen, dass man auch anderswo sehr gut leben kann - außerhalb der Watt- und Speckrepublik.

Ritratto di Harald Knoflach
Harald Knoflach 25 Dicembre, 2019 - 00:01

"Der Südtirol-Konvent wäre eine Chance gewesen. Der erste Anlauf ist aber gescheitert, weil das ganze Setting so ausgerichtet war, dass der politische Output unverrückbar vorgegeben war."
Wie meinst du das?

Ritratto di Hans Hanser
Hans Hanser 23 Dicembre, 2019 - 12:46

Ich kann die Leistungen des Autors nicht bewerten, da ich zu wenig Detailwissen in der Materie besitze.
Da Salto jedoch vermehrt zeigt, dass die "eigene Wahrheit" unumstößlich ist und eine kritische Auseinandersetzung nicht geduldet wird, hätte der Autor sich müssen eine andere Plattform für seine Kritik suchen.

Ritratto di Markus Lobis
Markus Lobis 23 Dicembre, 2019 - 14:30

Wie kommt es zu einer skurrilen Aussage?

Ritratto di Greta Karlegger
Greta Karlegger 23 Dicembre, 2019 - 15:40

Verstehe ich nicht, ihre Ansage, Hans Hanser. Ansonsten sind Sie meistens ein Lichtblick auf diesem Portal, aber kurz vor Weihnachten fangen selbst Sie an zu schwächeln. Verständlich. Doch: Welche Plattform hätte sich der Autor denn aussuchen sollen Ihrem Befinden nach?

Ritratto di Hans Hanser
Hans Hanser 23 Dicembre, 2019 - 15:52

Vielleicht bin ich im Moment zu emotional, muss ich leider zugeben. Aber die Vorgehensweise von Salto beim Artikel von Goggel Totsch hat mir schwer zugesetzt, da ich den/die Autor/in als absolutes Genie betrachte. Salto hat hierbei ein erbärmliches Bild hinterlassen.
Frau Karlegger, ich bedanke mich für Ihren (richtigen) Hinweis. Bitte verzeihen Sie meine Vorgehensweise und beachten Sie (und alle anderen) bitte meinen Kommentar zu diesem Thema nicht.

Ritratto di Greta Karlegger
Greta Karlegger 24 Dicembre, 2019 - 01:35

Natürlich. Ich betrachte das als vorweihnachtlichen Ausrutscher, lieber Herr Hanser. Passiert mir auch. Nach wie vor finde ich, dass Salto ein Portal ist, wo man frei seine Meinung sagen kann. Und Freiheit der Rede ist eben nicht nichts.

Ritratto di Emil George Ciuffo
Emil George Ciuffo 23 Dicembre, 2019 - 22:02

Die Methoden der Ebners ähneln immer mehr denen eines Clans.
Wehe jemand wagt es, in ihrem Einflussbereich die Gleichschaltung der von ihnen festgelegten Meinung und Wertesystem in der Gesellschaft in Frage zu stellen. Delirio di onnipotenza allo stato puro ...

Ritratto di Emil George Ciuffo
Emil George Ciuffo 23 Dicembre, 2019 - 23:06

Eine ähnlich abschätzige Geisteshaltung gegen alles Nicht-Deutsche, wie sie der frühe Kanonikus gegen Juden hatte, hatte auch ein anderer verehrter Geistlicher, Franz Xaver Mitterer aus Proveis, den der Kanonikus gut kannte.

Hier nur einige Auszüge aus seinen eigenen Briefen (zitiert vom 191. Band der Schlern-Schriften aus dem Jahre 1959, S. 166-170):

In einem Brief vom 4. Mai 1874 schreibt Mitterer:
"[...] In St. Felix trug die Schuld der Kurat, der ein Pole und dazu noch
ein Russisch-Pole ist. [...], der Gemeindeausschuß kam zusammen, der
Pole aber erklärte ihnen die Petition und unterstützte seine
antinationale Ansicht mit der Erklärung, dass es ihm einerlei sei, ob
St. Felix deutsch oder welsch sei, auch wenn er zu Italien kommen
sollte, es wäre ihm fast lieber, denn so hätten sie das Landgericht
näher, übrigens seien die welschen Beamten in Fondo seine Freunde, mit
denen wolle er sich nicht verfeinden. Diese starken Beweismittel machten
bei den Bauern Eindruck, auch ihnen ist das nähere Geschäft lieber, auch
sie wollen sich die Beamten in Fondo nicht verfeinden. Das Ordinariat in
Trient hat einen argen Fehler begangen, ein solches Individuum nach St.
Felix zu schicken, das noch dazu in der Diözese ganz unbekannt war.
Jetzt ist das Regime auch dort mehr deutsch. [...]"

Gemeint ist hier wohl der polnische Kurat Karl Ernst (1873-1875), der,
laut einem Informationsblatt des Pfarramtes von St. Felix, "deutsch,
italienisch, polnisch, französisch und andere Sprachen" gesprochen hat,
also ein sehr gebildeter und weltoffener Mensch war.
Auf der anderen Seite soll F.X. Mitterer kein Problem damit gehabt haben, sich an den russischen Zaren mit der Bitte um finanzielle Unterstützung für seine Vorhaben zu wenden.

Im Brief vom 9. November 1876 lesen wir:
"[...] Liberale und konservative Zeitschriften sind in diesem Stücke (in
der Auffassung über die Pflicht, den deutschen Boden zu halten) einiger
denn je und rufen aus Leibeskräften: "Es ist deutsche Pflicht, den
deutschen Boden zu retten, das Vordringen der Welschen zu hemmen, die
Sprachgrenze besonders zu festigen usw." Aber was geschieht? Unterdessen
machen die Welschen ihre Maulwurfsarbeit und der deutsche Michel schaut
schläfrig zu. [...] Ein fleißiger Beobachter kann das allmähliche
Abbröckeln des deutschen Bodens unter der welschen Schere von Dezennium
zu Dezennium genau demarkieren und empfindet darüber, wenn er irgendwie
noch ein deutsches Gefühl hat, Herzensqual und Scham. [...]"

Am 18. November 1876 schreibt Mitterer:
"[...] Den Abgang eines Lehrers kann ich nicht verschmerzen, weder in der
Schule noch in der Kirche, wo ich die Fahne des deutschen Elements auch
hochhalten möchte, wozu ich einen tüchtigen Organisten benötige."

Am 25. Oktober 1880 berichtet er in einem Brief:
"[...] Der heutige Tag ist für mich und die Proveiser ein Freudentag. Sie,
goldener Herr Doktor, haben ausgezeichnet gebohrt. Sie haben für die
deutsche nationale Sache schon viel geschrieben, Reisen gemacht,
angeklopft, wurden aber auch oft abgewiesen, endlich haben Sie in
unserer Sache die epochemachende Broschüre geschrieben, die nun
verbreitet ist, so weit die deutsche Zunge klingt. [...]
[...] - mit aller Tatkraft für die nationale Sache eintritt. Ohne Ihre
Broschüre wäre höchstwahrscheinlich dieser Regenerator nicht gegründet
worden. Heute, hören und staunen Sie, erhalte ich ein Schreiben dieses
Vereines, worin mir gemeldet wird, dass der Verein in seiner Sitzung vom
21. ds. Mts. beschlossen hat, zum Schulhausbau in Proveis 2000 Gulden zu
geben, nur unter der so weisen Bedingung, dass die Gemeinde Proveis
(unter einer noch näher zu bestimmenden Form) das Versprechen abgibt,
dass die Schule deutsch bleiben muß. [...] Wie klug diese Bedingung ist!
[...]"

Am 3. September 1880 jubelt Mitterer:
"Te Deum laudamus! [...] Das ist nun eine Waffe zur Rettung des deutschen
Elementes in bedrohten Orten. [...]"

Wenn so etwas ein fanatischer deutsch-nationaler Politiker schreibt, ist es ja noch verständlich, aber ein Geistlicher, nach dem heute Schulen benannt werden und der heute Schülerinnen und Schülern als Vorbild präsentiert wird? ...

Ritratto di Alex Lamprecht
Alex Lamprecht 27 Dicembre, 2019 - 23:22

Der damalige Pfarrer von Proveis F. X. Mitterer ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Priester Kinder ihrer Zeit sind und sich gängige Ideologien auch in der Kirche finden. Nationalismus und Antisemitismus sind Ideologien, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert in ganz Europa verbreitet waren und sich natürlich auch bei manchen Vertretern der Kirche finden. Vielen Dank Herr Ciuffo für diesen interessanten Hinweis.

Ritratto di Emil George Ciuffo
Emil George Ciuffo 31 Dicembre, 2019 - 01:38

Sicher. Problematisch wird es ja nur, wenn gewisse damalige Ideologien, die "sich natürlich auch bei manchen Vertretern der Kirche finden", heute als Vorbild für junge Menschen verkauft werden (ohne Erlaubnis der Widerrede der heute Herrschenden), die nicht das genügende historische Hintergrundwissen haben können. Daher ist Ihre Arbeit umso wichtiger. Danke!

Ritratto di Alex Lamprecht
Alex Lamprecht 31 Dicembre, 2019 - 18:16

Genau...immer dann, wenn man die (manchmal unangenehme) Wahrheit nicht mehr aussprechen darf, wird‘s wirklich problematisch. Dann hat man das Recht und mitunter die Pflicht, mutig Protest einzulegen.

Ritratto di Philipp Trafojer
Philipp Trafojer 24 Dicembre, 2019 - 00:18

Ein guter Artikel. Ich werde mir die Diplomarbeit bei Gelegenheit zu Gemüte führen, wenngleich mein Interesse eher Gampers Wirken in der Nachkriegszeit gilt.
Mich haben weder die wissenschaftlichen Aussagen über Gamper noch die Reaktion seines "Erben" verwundert.

Gamoer, Michael
Landesarchiv Bozen
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