Amato schlug vor, zwecks Eindämmung der (Straßen-)Prostitution, „spedire obbligatoriamente il verbale di contravvenzione all'indirizzo di casa dei clienti". Und er sagte, er empfinde eine gewisse Schadenfreude bei diesem Gedanken. Ja, ich stelle mir auch gern vor, wie der „Kunde“ zuhause beim Mittagstisch im Kreise seiner Lieben den Huren-Besuchs-Strafbescheid öffnet.
Jedenfalls schaue ich seither ein bisschen genauer hin, wenn es um Prostitution geht, aber noch ein bisschen genauer schaue ich hin, seit eine Bekannte – jung, schön, erfolgreich, gut verheiratet – mir versicherte, Prostitution sei notwendig, weil „ein gesellschaftliches Ventil“. Wenn es keine Prostituierten gäbe, würden Vergewaltigungen zunehmen, und überhaupt, ob ich denn nicht wisse, was es bedeute, sehr viele Jahre lang verheiratet zu sein, da sei es gut, wenn der Mann zu Prostituierten gehen könne, weil der Frau „die Lust vergangen sei“. Nun, ich weiß tatsächlich nicht, wie es sich anfühlt, so lange verheiratet zu sein, aber ich denke doch, solche Fälle wären bei Psychologen, bei der Paartherapie oder gar beim Scheidungsrichter besser beraten als bei der Prostituierten.
Das älteste Gewerbe der Welt?
Ja, und dann wäre da noch die Frage nach dem „ältesten Gewerbe der Welt“, das Über-Argument, das sofort aus dem Ärmel gezaubert wird, wenn es um das Thema des Frauenkaufs geht. Ist die Prostitution im tatsächlichen und absoluten Sinne "das älteste Gewerbe der Welt", das heißt, haben sich also auch die Männer ihr erstes Geld mit Prostitution verdient, oder ist sie lediglich das erste (älteste) Gewerbe, das man dem weiblichen Geschlecht zugestand?
Jedenfalls ist es maximal faszinierend, zu beobachten, wie Männer alles daran setzen, sich dieses Vorrecht der Unterwerfung, der Ausbeutung und ja, auch der Unterdrückung der Frau zu bewahren, immer noch, trotz Aufklärung und Internet und Globalisierung, und wie zu allem Überfluss Frauen sie in diesem Begehren auch noch unterstützen. Dabei, aber wahrscheinlich will das eh niemand wissen, ist es bewiesen und belegt, dass
„Die NGO Foundation of Women’s Forum (FWF) schätzt, dass jedes Jahr allein in Europa etwa 500.000 Frauen sexuell ausgebeutet werden. Detlef Ubben, der mehr als zehn Jahre Chefermittler im Bereich Menschenhandel und Zwangsprostitution des LKA war, schätzt, dass bis zu 95 Prozent der rund 2.250 Prostituierten in Hamburg nicht freiwillig arbeiten. Der aktuelle Leiter der zuständigen Abteilung für organisierte Kriminalität, Jörn Blicke, formuliert es vorsichtiger: "Ein sehr hoher Anteil der Prostituierten arbeitet nicht selbstbestimmt oder nicht für sich selbst." Manche Frauen werden erpresst, andere geschlagen, manche werden von ihren Partnern oder ihrer Familie dazu angehalten, und trauen sich nicht, sich zu wehren. („Wirklich freiwillig ist niemand Prostituierte“, Zeit Online, 11.10.2012).
Menschenverachtend
Wahrhaftig, es braucht schon einen eisernen Willen und ein unglaubliches Maß an Verachtung nicht nur des weiblichen, sondern auch des eigenen Geschlechts, um dieses menschenunwürdige Phänomen in unserer modernen, aufgeklärten Gesellschaft mit ein paar fadenscheinigen Ausflüchten und schlecht gestrickten Deckmäntelchen am Leben zu erhalten. Und es auch noch zu stärken, dank eklatanter Ungleichgewichte in unserer männergemachten, männergewollten und männerdominierten, ungerechten Welt.
Aber in Wahrheit wundert mich das alles ja schon gar nicht mehr: Wenn ich nämlich sehe, dass in bald zehn Tagen gerade mal 194 (!) von 380.000 (!!) wahlberechtigten Südtirolerinnen den Appell „Una legge per dare più rappresentatività politica alle donne“ unterzeichnet haben, dann kann ich nur noch sagen, dass wohl die Jahrtausende währende Gehirnwäsche, der wir Frauen nun schon unterzogen worden sind, wahrhaftig und nachhaltige Wirkung zeigt. Dabei könnten wir es schon längst besser wissen, denn natürlich geht es in der Sache der Frauen nicht (nur) um diese, nicht (nur) um Gleichberechtigung und Gleichstellung, es geht um nichts weniger als um eine bessere und eine gerechtere Welt. Für alle. Hier wäre ein Weg, gern auch für Männer:
http://temi.repubblica.it/altoadige-appello/?action=vediappello&idappello=391302
Notabene: Es gehört hier zwar nur sehr bedingt dazu, aber doch: Wollen wir wirklich glauben, dass die Herren von der SVP (lauter mit allen Wassern gewaschene Polit-Profis) die Umsetzung ihrer halbherzigen 30(!)-Prozent-Frauenquote „versehentlich“ verpatzt haben?
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