Grundsätzlich gilt es, eine gemeinsame Basis zu erarbeiten. Ich denke wir sind uns alle darin einig, dass jeder Mensch über seine Sexualität selbst bestimmen darf. Das heißt, kein Mensch darf zu sexuellen Handlungen gezwungen werden. Pointiert ausgedrückt heißt das: „Meine Vagina/mein Penis gehört mir – und ich mache damit was ICH will“
So argumentierend könnte man doch meinen: Wenn ein Mensch nicht dazu gezwungen werden darf, sexuelle Handlungen auszuführen, wie kann dann jemand das Recht haben, einem Menschen freiwillige sexuelle Handlungen zu untersagen? Wäre dies nicht ein massiver Einschnitt in die Selbstbestimmung des Individuums?
Ein Gegenargument gegen diesen individualistischen Zugang zur Prostitution ist die Frage des Zwanges. Wo beginnt Zwang und wo hört Zwang auf? Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung und Gewalt sind eindeutig als Zwang identifizierbar und dementsprechend verwerflich. Doch es gibt auch den „sanften“ Zwang. Ein Mensch kann auch durch ökonomische Not dazu gezwungen sein, seinen Körper „eigentlich“ gegen seinen Willen zu verkaufen.
Doch nun stellt sich die entscheidende Frage: Verbessert ein Verbot der Prostitution die ökonomische Situation des Notleidenden? Wohl eher nicht. Ich denke sogar, ein solches Verbot wäre gefährlich. Wäre Prostitution legal, könnte sie in einem geregelten, rechtssicheren Bereich stattfinden. Wäre Prostitution jedoch verboten, müsste die notleidende Person sich in illegale Gefilde begeben.
Wer also die Prostitution abschaffen will, damit Menschen in ökonomischer Not nicht mehr ihren Körper verkaufen müssen, sollte sich eher um eine anständige Wirtschaftspolitik denn um das Verbot einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs gegen Geld bemühen.
In der Realität stößt man mit einem solch rationalen Zugang zum Thema meist auf wenig Gegenliebe, da Prostitution für viele Menschen ein hochemotionales Thema ist. Prostitution ist in ihren Augen nicht nur eine Methode, Geld für eine Dienstleistung zu erhalten. Prostitution ist ein Phänomen, das die Menschen offensichtlich tiefergehend berührt. Es geht um Macht, es geht um Liebe, es geht um Moral und auch um unsere monogame Grundeinstellung. Diese emotionale Ladung führt dazu, dass die Prostitution bis heute in einem rechtlichen Graubereich stattfindet – aus Scheu vor etwaigen Konflikten.
Jeder Mensch hat das Recht über seinen Körper zu bestimmen, auch Menschen, die sexuelle Handlungen für Geld anbieten wollen. Wir sollten dementsprechende rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, um allen in der Prostitution tätigen Menschen den Respekt entgegenzubringen, den sie verdienen. Es gibt keinen moralischen Grund dafür, einvernehmlichen Sex zu verbieten. Ein Verbot der Prostitution löst das Problem der Zwangsprostitution nicht, sondern könnte dieses Problem sogar noch verschlimmern. Dadurch würden auch all jene, die diesen Beruf aus freien Stücken ausüben (wollen) in die Illegalität gedrängt. Das kann nicht der Anspruch einer westlich-aufgeklärten Gesellschaft sein.
Aggiungi un commento
Effettua il login per aggiungere un commento!Commenti